Getreide macht sich vom Acker

Brandenburgs Landwirte klagen über extreme Trockenheit. Von einer Missernte von historischem Ausmaß möchte der Bauernverband aber noch nicht sprechen

So schlimm war es bisher selten: Die Erde ist knochentrocken und hart wie Zement. Hackt man den Boden auf, zerbröselt er zu Staub. Das Wintergetreide auf den Brandenburger Äckern hat bei einer Größe von rund 20 Zentimetern das Wachstum eingestellt und die Blätter eingerollt. Eigentlich sollten die Pflänzchen grün sein. Doch viele sind gelb, etliche schon braun. Das Einzige, was Rettung bringen könnte, wäre Regen. Der ist frühestens in der Nacht zu Dienstag in Sicht. Aber selbst dann nur wenig. „Große Mengen werden es kaum werden“, bedauert Dorothea Paetzold, Metereologin beim Deutschen Wetterdienst.

Regen, Regen, Regen. In ganz Deutschland senden Landwirte und Kleingärtner Stoßgebete zum Himmel. Den Brandenburger Bauern macht die Trockenheit besonders zu schaffen. Die Böden sind sehr sandhaltig und können deshalb nicht lange Feuchtigkeit speichern. „Das letzte Mal, dass es richtig geregnet hat, war am 22. März“, erinnert sich Holger Brantsch, Sprecher des Bauernverbandes Brandenburg. „Was danach kam, war Mückenpisse.“

In den zehn Jahren, die Brantsch Bauernsprecher ist, hat er zwei heftige Trockenperioden erlebt. Allerdings kamen diese immer später im Jahr. Diesmal ist der April betroffen – ein Monat, in dem es viel regnen muss, damit alles gut wächst. Normalerweise werden im April Niederschlagsmengen von durchschnittlich 60 Litern pro Quadratmeter gemessen. Diesmal waren es gerade mal 4 Liter.

Deswegen steht schon jetzt fest: Eine normale Ernte wird es in diesem Sommer nicht geben. Aber sollte man deshalb schon von einer „Dürrekatastrophe“ oder „Missernte von historischen Ausmaß“ reden, wie es einige Medien tun? Brantsch meint: Nein. „Unter Bauern gibt es den Spruch: Die Kücken werden im August gezählt.“ Soll heißen: Wie gut oder schlecht die Ernte ist, lässt sich erst beziffern, wenn diese eingebracht ist.

Denn noch, so Brantsch, hätten die Bauern die Wahl. In höher gelegenen, besonders ungünstigen Standorten, wo bereits große Teile des Wintergetreides vertrocknet sind, pflügen einige Landwirte deswegen jetzt ihre Felder um und säen Sommergetreide. Das hat eine kürzere Vegetationszeit als Wintergetreide, ist aber weniger ertragreich. „Das ist zwar eine Notlösung, aber immer noch besser als keine Ernte“, sagt Brantsch. Damit die Saat aufgehen kann, braucht es allerdings wiederum: Regen. Damit schließt sich der Kreis.

Die stellvertretende Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Bärbel Höhn, hat die Landesregierung Brandenburg unterdessen aufgefordert, gemeinsam mit den Berufsverbänden eine langfristige Strategie zu entwickeln, wie die Landwirtschaft an die beständige Dürre angepasst werden kann. Dazu könne zum Beispiel gehören, den Anbau hitzeresistenterer Pflanzen zu empfehlen. „Mit Einmalhilfen und Gottvertrauen ist es da nicht getan.“ PLUTONIA PLARRE