Prinz Harry von Arabien

Sie freuen sich auf ihn. Für die irakischen Milizen ist Prinz Harry, 22, an dritter Stelle in der britischen Thronfolge, das Angriffsziel Nummer eins, wenn er am Ende des Monats in den Irak geschickt wird

AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK

Sie haben bereits detaillierte Pläne ausgeheckt. Die Führer der Milizen erklärten, dass sie Fotos des 22-jährigen Prinzen aus dem Internet heruntergeladen und an ihre Kämpfer verteilt hätten. Die schiitischen Organisationen würden ihn gern erschießen, wie einer ihrer Scharfschützen erklärte, während die sunnitischen Gruppen ihn lieber kidnappen würden, um die Freilassung ihrer gefangenen Mitglieder und den Abzug der britischen Armee zu erpressen.

Abu Zaid von der schiitischen Mehdi-Armee sagte: „Wir warten auf die Ankunft des jungen, attraktiven, verwöhnten Prinzen mit angehaltenem Atem. Wir erwarten, dass er in vorderster Front eingesetzt wird. Wir werden großzügig mit ihm umgehen, denn er wird zu seiner Oma, der Queen, ohne Ohren zurückkehren.“ Wenn man ihn nicht gefangen nehmen könne, werde er eben erschossen, sagte Zaid: „Ich würde ihm raten, zu Hause bei seinen Freunden zu bleiben. Er sollte sich darüber informieren, was hier mit britischen Soldaten passiert, und genau nachdenken, bevor er ins Flugzeug steigt.“

Abu Ahmed, ebenfalls von der Mehdi-Armee, sagte: „Er sollte dem Beispiel seiner Mutter Diana folgen und gegen seine imperialistische Familie rebellieren, statt als Kreuzritter hier herzukommen. Sonst wird sein Blut in unserer Wüste versickern.“ Diana war Männern in Uniform allerdings nicht abgeneigt, wie ihre Affäre mit dem Offizier James Hewitt belegt.

Abu Samir von der sunnitischen Organisation Thar-allah – „Gottes Rache“ – sagte: „Unsere Leute werden ihn auf ihre besondere Art willkommen heißen – wie Leachman.“

Der britische Oberst Gerard Leachman ist 1920 von Scheich Dhari, der noch heute im Irak als Held verehrt wird, ermordet worden. Es sei für Harry unmöglich, im Irak unentdeckt zu bleiben, denn sein Gesicht sei bekannter als das weltberühmter Fußballer, sagte Samir: „Sie kennen ihn besser als Zidane oder Ronaldinho.“ Ein „Abu“, der in einer schiitischen Miliz kämpft, fügte hinzu: „Als die Briten in Basra ankamen, schleusten wir unsere Leute in ihre Kasernen ein. Sie sind nun unsere ständige Informationsquelle.“

Besser tot als gefangen?

Armeechef General Richard Dannatt hatte am Montag entschieden, Harry – sein offizieller Name ist Leutnant Wales – in den Irak zu schicken, schränkte aber ein, dass er seine Entscheidung ständig überprüfen werde. Falls sich die Umstände ändern, werde er eine neue Erklärung abgeben. Die meisten Medien finden es richtig, dass Harry in den Irak muss. Er solle nicht anders als seine Kollegen behandelt werden, schreiben sie. Dabei würden sie sofort Sonderausgaben produzieren, sollte ihm etwas zustoßen, während der Tod anderer Soldaten ihnen höchstens eine Kurzmeldung wert ist.

Lediglich Mark Lawson riet im Guardian, Harry solle sich vor seinem Einsatz krankschreiben lassen: „Es ist besser, er gilt als verwöhnter Feigling, als dass er in einer Holzkiste zurückkehrt.“

Er habe keine Angst vor dem Tod, hat Harry erklärt. Er hat darauf bestanden, im Irak eingesetzt zu werden: „Ich will nicht zu Hause auf meinem Arsch sitzen, während meine Jungs für ihr Land kämpfen.“ Die Armee hat schon mal Sondertruppen vorausgeschickt, die den Prinzen beschützen sollen. „Die Gefahr, dass Harry zum Opfer wird, ist unglaublich gering“, sagte einer der Soldaten.

Harrys Regiment, die „Blues and Royals“, werden für sechs Monate in Maysan stationiert, der gefährlichsten Provinz im Süd-Irak. Dort haben die Angriffe auf britische Truppen in letzter Zeit zugenommen. Im vorigen Monat sind zwölf britische Soldaten umgekommen – mehr als in jedem anderen Monat seit der Invasion. Harry ist als Truppenführer ausgebildet, er wird vier Scimitar-Panzerspähwagen mit insgesamt elf Mann kommandieren.

Die Armeeführung vor Ort ist nicht sonderlich glücklich über Harrys Einsatz. Ein hochrangiger Offizier sagte, die Männer, die er befehligt, seien hochgradig gefährdet: „Wo auch immer sie ihn einsetzen, wird er das Feuer auf sich und seine Leute ziehen.“ Harry sei die „Mutter aller Angriffsziele“.

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums räumte ein, dass Harry gefährdet sei: „Wir haben die Tatsache, dass er in den Irak geht, nicht verheimlicht, und die bösen Buben wissen, dass er kommt. Wir gehen davon aus, dass sie seinen Skalp wollen, weil er berühmt ist.“ Lord St John of Fawsley, Verfassungsexperte und Freund der Königin, sagte: „Die Vorstellung, dass er gefangen genommen werden könnte, ist entsetzlich. Das wäre viel schlimmer, als wenn er getötet würde.“