GRÜNE GENTECHNIK BEDROHT DIE UMWELT – DOCH GABRIEL SCHWEIGT
: Ökonomie geht vor

Eisbärpate und Oberklimaschützer Sigmar Gabriel gibt gern den modernen Umweltengel. Gestern nun hat ihm sein Kabinettskollege, Bundesagrarminister Horst Seehofer einen Gesetzentwurf geschickt, damit Bauern schon bald Gen-Essen servieren können. Und aus dem Hause des Umweltministers hört man – nichts. Nähme Gabriel seine Aufgabe wirklich ernst, müsste er Seehofer Kontra bieten. Hübscher Nebeneffekt: Er würde sich bei der Bevölkerung beliebt machen.

70 Prozent der Bürger schrecken vor dem Essen aus dem Genlabor zurück. Sie fürchten, dass ihnen Mais, Erbsen oder Kartoffeln mit fremder Erbsubstanz schlecht bekommen, Allergien oder Krebs auslösen. Diese gesundheitlichen Risiken sind zwar nicht bewiesen. Und zugegeben, sie sind auch nicht Gabriels Sache. Doch trotzdem ist es unverantwortlich, dass sich der SPD-Mann nicht einmischt.

Schließlich ist die Gentechnik ein Großexperiment im Freien, denn Genpflanzen machen sich vom Acker. Sie breiten sich von Natur aus aus. Indes ist aber noch völlig unklar, wie sie sich dabei auf ihre Umgebung auswirken. Mais zum Beispiel wird von Gentechnikern so manipuliert, dass er auf dem Feld jeden Tag ein Gift gegen gefräßige Feinde produziert. Das wirkt mit Sicherheit anders, als wenn der Bauer sein Feld zwei- bis dreimal im Jahr gegen lästige Insekten spritzt. So ist vieles denkbar: Der Stoff reichert sich im Boden oder im Grundwasser an. Schädlinge könnten gegen die tägliche Dosis Gift resistent werden, noch mehr Chemie wäre nötig, um sie zu bekämpfen.

Gabriel kennt das Problem. Seine wissenschaftlichen Berater im Umweltbundesamt haben ihn längst gewarnt. Warum er trotzdem nicht reagiert, lässt sich leicht erklären. Denn das Credo des Ministers – die Ökologie lässt sich mit der Wirtschaft versöhnen – funktioniert bei der Gentechnik auf dem Acker nicht. Da sagt er lieber gar nichts und kümmert sich um eine gute Figur beim Klimaschutz. Die Agrarkonzerne wie Monsanto dürfen sich freuen. In der Bundesregierung kritisiert sie keiner mehr. HANNA GERSMANN