Konspirative Ortsamtsleiter-Wahl

DEMOKRATIE Im Ortsamt Mitte wird eine neue Leitung gewählt – unter Angst vor Klagen

„Eine nicht ganz berechenbare Angelegenheit“

MICHAEL rÜPPEL (GRÜNE), BEIRAT MITTE

Die Beiräte Mitte und Östliche Vorstadt wählen heute einen neuen Ortsamtsleiter oder eine neue Leiterin. Der bisherige „Viertel-Bürgermeister“ Robert Bücking hört nach 20 Jahre auf. Drei BewerberInnen werden sich vorstellen – ein Kandidat von den Grünen, einer aus der Linkspartei und eine externe Bewerberin. Das allerdings erfährt man nur dem Vernehmen nach und ist ganz offiziell noch bis zum gemeinsamen Sitzungsbeginn der Beiräte geheim. Grund sei der Datenschutz der Bewerber, heißt es aus der Senatskanzlei. Im Beirat gibt es Kritik an dem Verfahren. Auch Noch-Ortsamtsleiter Bücking hätte sich mehr Transparenz gewünscht.

„Es wäre es besser, wenn die Kandidaten mehr Zeit hätten, sich politisch zu äußern und zu streiten“, so Bücking, „denn am Ende ist es eine öffentliche Position.“ Im Moment sei das Verfahren „ungeheuer eng und formalisiert“. Etwa eine Dreiviertelstunde Zeit haben die Kandidaten nun jeweils, um sich vorzustellen. Dann wird geheim abgestimmt und es entscheidet die einfache Mehrheit. Bei insgesamt 27 Beiräten aus zwei Ortsteilen geben nur wenige Stimmen den Ausschlag.

„Fragwürdig“ findet das Jörg Windszus, der für die Linkspartei im Beirat Mitte sitzt. „Als Opposition kann man sich so nicht in einem zweiten Wahlgang auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen.“ Auch für den Grünen Michael Rüppel ist das „eine nicht ganz berechenbare Angelegenheit“. Ein Ortsamtsleiter sei „ein Zwischending“ zwischen Verwaltungsbeamten und politischem Mandatsträger. Rüppel fordert, das Verfahren in Zukunft zu ändern. In der Senatskanzlei gebe es eine zu große Angst vor Klagen durch Konkurrenten.

Die Angst ist nicht unberechtigt – noch immer wartet Inga Köstner (SPD) darauf, die Stelle als Ortsamtsleiterin in Horn-Lehe antreten zu können. Ein Konkurrent hatte geklagt, nun muss das Oberverwaltungsgericht entscheiden.

Für den Posten im Ortsamt Mitte wiederum hatten sich 17 Menschen beworben, ein Gremium aus beiden Beiräten traf eine Vorauswahl. „In vielen Bewerbungsunterlagen gibt es den Hinweis auf möglichst lange Vertraulichkeit“, so Rainer Kammeyer, Zuständiger für Beiratsangelegenheiten in der Senatskanzlei. Denn viele hätten derzeit noch einen anderen Job.  JPB

19 Uhr, Bürgerhaus Weserterrassen