Die Partei, die weiß, was sie will

Wowereit-Nachfolge: Hälfte der SPDler gibt Stimme ab

VON BERT SCHULZ

Seit drei Wochen erst buhlen Jan Stöß, Raed Saleh und Michael Müller um die Gunst der 17.000 SPD-Mitglieder, und siehe da: Sie konnten bereits die Hälfte davon überzeugen, dass einer von ihnen Nachfolger Klaus Wowereits als Regierender Bürgermeister werden soll.

Damit hätte kaum jemand gerechnet. Schließlich unterscheiden sich der Landeschef, der Fraktionschef und der Stadtentwicklungssenator inhaltlich nicht allzu sehr. Und natürlich sind die Fußstapfen Wowereits, in die sein Nachfolger treten muss, riesig. Beides spricht eher für einen langwierigen Entscheidungsprozess.

Klares Bild von der Spitze

Offenbar ist das aber nur die Außensicht: Vielen Parteimitgliedern war wohl schon länger bewusst, wer ihrer Meinung nach ins Rote Rathaus soll; sie scheinen ein klareres Bild von ihrem Führungspersonal zu haben als viele Beobachter. Wer davon am meisten profitiert, darüber lässt sich kaum spekulieren: Müller, weil er der Älteste und als langjähriger Parteichef der wohl bekannteste Kandidat ist? Stöß, weil er als derzeitiger Vorsitzender die Parteikanäle am besten bedienen kann? Saleh, weil der Mann mit Migrationshintergrund von vielen überregionalen Medien als „spannendster Kandidat“ gepusht wurde? Wahrscheinlich ist: Es sind mehr als nur die „Stammwähler“ der drei. Denn nur 20 Prozent der Mitglieder gelten als aktiv in dem Sinne, dass sie sich an der Parteiarbeit beteiligen.

Und sicher ist: Die rasche, umfassende Teilnahme an der SPD-Kür ist erneut ein Zeichen, dass Parteien weniger statisch sind als oft vermutet. Das setzt andere Parteien unter Druck, weitreichende Entscheidungen umfassend legitimieren zu lassen.