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: In Babelsberg geht’s drunter und drüber

FUSSBALL SV Babelsberg 03 droht überraschend der Zwangsabstieg wegen Insolvenz. Oder doch nicht?

Vor gerade einmal neun Tagen erfreuten sich die Fans des SV Babelsberg 03 noch an einer rundum gelungenen Saison. Trotz des kleinsten Etats feierte man den Verbleib in der Dritten Liga. Doch dann erschütterte eine Schreckensnachricht den Verein in seinen Grundfesten. Vom Zwangsabstieg in die Regionalliga oder gar in die Oberliga war die Rede. Selbst von der Insolvenz und der Auflösung des Klubs wurde gemunkelt. Doch so rapide wie das Stimmungsbarometer sank, so schnell stieg es zuletzt auch wieder. Nun träumen einige wieder von der nächsten Drittliga-Saison. Aber der Reihe nach.

Vor einer Woche verkündete Vereinspräsident Rainer Speer völlig unerwartet, dass dem Klub mit 1,4 Millionen Euro mehr als die Hälfte des Etats für die kommende Saison fehle, der zum Erhalt der Lizenz bis zum 1. Juni garantiert werden müsse. Zahlreiche Berichte über Affären im Umfeld des Vereins hätten die Sponsoren verschreckt, hieß es. Speer selbst muss sich vor dem Untersuchungsausschuss des Brandenburger Landtags als ehemaliger Innenminister wegen der Vergabe von Aufträgen an Sponsoren des SV Babelsberg und zwielichtigen Immobiliengeschäften rechtfertigen. Der Geschäftsführer des Klubs, Ralf Hechel, wurde vor geraumer Zeit als ehemaliger Stasi-Mitarbeiter enttarnt. Und jetzt muss sich noch der jüngst zurückgetretene Aufsichtsratsvorsitzende Peter Paffhausen, der auch Chef der Potsdamer Stadtwerke ist, gegen Spionagevorwürfe verteidigen. „Ein Gefüge aus Filz“, nennt Thomas Bastian, der vor sechs Jahren von den Fans in den Aufsichtsrat gewählt wurde, die Vereinsführung.

Die Babelsberger Anhänger hatten die Führungsmänner schon vor der Bekanntgabe des finanziellen Notstands im Stadion lauthals zum Amtsverzicht aufgefordert. In der Nacht zum Freitag ketteten sich dann einige gar ans Klubgebäude an, um dort bis zu einem Rücktritt der Vereinsverantwortlichen auszuharren. Am heutigen Montag ist es nun wohl so weit. Auf der Aufsichtsratssitzung wird Präsident Speer voraussichtlich abgewählt und Bastian, wie es auf der Homepage des Vereins zu lesen ist, zum neuen Vorstandsvorsitzenden gewählt werden. Am Mittwoch könnte er auf der Mitgliederversammlung die nötige Bestätigung erhalten. „Neue Kandidaten, die früher selber in der Nordkurve standen und mit den Fans verbunden sind, werden künftig als Team arbeiten“, kündigt Bastian an, der ein Kino betreibt und den Fans vor allem als Stadionsprecher bekannt ist. Politiker, fügte er hinzu, werde es im neuen Vorstand nicht geben.

Die Fans haben indes in der letzten Woche über Facebook und Twitter allerlei Ideen entwickelt, wie man in kürzester Zeit Spendengelder eintreiben kann. Über 20.000 Euro sind bereits zusammengekommen. Bastian spricht von einem „großen Schwung“, der durch den Verein gehe. Die Fans würden schon lange für eine außergewöhnliche Haltung im deutschen Fußball stehen: für Antirassismus, Antisexismus und gegen Homophobie. Nun könnte man dafür sorgen, dass man diese Haltung im ganzen Verein wiederfindet. Eine transparente Finanzierung des Klubs würde zu diesem Image auch viel besser passen.

Nach anfänglichem Sträuben haben die Potsdamer Abgeordneten dem Verein über die Stadtwerke eine Bürgschaft von 700.000 Euro in Aussicht gestellt. Wenn nun das Land noch bis Mittwoch etwas beisteuern würde, sagt Bastian, dann könnte der Klub vielleicht doch noch in der Dritten Liga bleiben.

JOHANNES KOPP