Ethikkommission: Ausstieg bis 2021

ATOMKRAFT Gremium hält im besten Fall noch raschere AKW-Abschaltung für möglich

Die Kommission rät dazu, die bereits abgeschalteten sieben Alt-AKWs nicht wieder ans Netz gehen zu lassen

BERLIN taz/dapd/dpa | Deutschland sollte spätestens bis 2021 aus der Atomkraft aussteigen. Das ist die zentrale Empfehlung der Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung an die Bundesregierung.

In dem Bericht „Deutschlands Energiewende – Ein Gemeinschaftswerk für die Zukunft“, das heute der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll und der taz vorliegt, heißt es: „Der schnellstmögliche Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie ist ethisch gut begründet, aus Sicht der Kommission geboten und nach Maßgabe der Umsetzung der Maßnahmen möglich. Im besten Fall kann der vorgenannte Zeitraum des Ausstiegs von zehn Jahren verkürzt werden.“

CSU-Chef Horst Seehofer schloss sich dem Votum der Kommission an und plädierte ebenfalls für einen Atomausstieg innerhalb von zehn Jahren. „Ich werde das Ergebnis der Ethikkommission zur Grundlage der Beratungen im Koalitionsausschuss machen“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag.

Die Ethikkommission besteht aus 17 Vertretern aus Wissenschaft, Politik, Gewerkschaften und Kirchen. Geleitet wird sie vom ehemaligen CDU-Umweltminister Klaus Töpfer und dem Präsidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft Matthias Kleiner. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte die Kommission nach der Atomkatstrophe von Fukushima und der daraus folgenden Radikalwende in der Atompolitik berufen. Sie soll Empfehlungen zum Atomausstieg formulieren.

Die Ratschläge zielen auf ein Ende des Atomzeitalters in Deutschland mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens. Die Kommission schlägt vor, einen „unabhängigen Parlamentarischen Beauftragten“ analog etwa zum Wehrbeauftragten einzusetzen. Zudem soll es ein „Nationales Forum Energiewende“ geben, das den Politikwechsel unter breiter Beteiligung der Bevölkerung organisieren soll.

Den Atomausstieg in zehn Jahren „sollte sich die Gesellschaft verbindlich vornehmen“, da nur auf dieser Basis „die notwendigen Planungs- und Investitionsentscheidungen getroffen werden“, heißt es in dem Konzept.

Im Einzelnen rät die Kommission dazu, die bereits abgeschalteten sieben Alt-AKWs nicht wieder ans Netz gehen zu lassen. Als Ausgleich für die Abschaltung aller AKWs seien insgesamt etwa 20 Gigawatt Kapazität neu zu bauen, die aber durch verstärkte Kraft-Wärme-Kopplung, mehr Effizienz, erneuerbare Energien und Gaskraftwerke auszugleichen seien. Für die Endlagerung des Atommülls sollten auch andere Standorte als das Zwischenlager in Gorleben erwogen werden, der Müll müsse zudem „rückholbar“ gelagert werden.

Vor dem möglicherweise entscheidenden Treffen der schwarz-gelben Koalition zum Fahrplan der Energiewende am Sonntagabend demonstrierten Hunderttausende in ganz Deutschland gegen Atomkraft.

Die Veranstalter sprachen von 160.000 Demonstranten. Umweltverbände, Anti-Atomkraft- und Friedensorganisationen hatten am Samstag in 21 Städten zu Protesten aufgerufen. Unter dem Motto „Atomkraft: Schluss!“ fanden unter anderem in Berlin, Hamburg, München, Dresden, Göttingen und Mannheim Demonstrationen statt.

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