LESERINNENBRIEFE
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Die Natur rächt sich

■ betr: „Im Netz verendet“, taz nord vom 17. 5. 2011

Jeder dritte Maisonntag gilt als Ostsee-Schweinswaltag. 1996 wurde der Fehmarnbelt zu seinem Schutzgebiet erklärt, weil der Wal zur Überwinterung durch den Belt in die Kieler Bucht zieht und der Belt sein Aufzuchtgebiet ist. Ende Mai kommen dort seine besonders lärmempfindlichen Jungen zur Welt. Völlig unverständlich ist, wie man nur die Idee haben kann, in eines der sensibelsten Seegebiete der Welt ein Megabauwerk zu platzieren. Da werden teure wissenschaftliche Studien und Bemühungen entwertet und internationale Gesetze gebrochen. Die Berner Konvention führt den Schweinswal als streng geschützte Art, jede absichtliche Störung, insbesondere während der Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeiten, ist verboten. Der gelobte Schwenk vom Brücken- zum Tunnelbau ist für die Unterwasserwelt mehrfach schädlich, da jetzt eine vierfache Menge Tonerde zur Zerstörung von Laichgebieten (auch von Flachfischarten und Hering) führen wird. Unser Symbol für ein lebendes Meer wird die jahrelange Bauzeit nicht überleben. Allein der Lärm wird zur Schweinswalqual, sein Tag zum Schweinswal-Gedächtnistag. Eine Schallminderung in seiner „Kinderstube“ wird da nicht ausreichen. Als sein Lobbyist – BP setzt 1,6 Millionen für Lobbyarbeit an – ist man über den Gattungsegoismus des Menschen entsetzt. Im Namen des Fortschritts wird an der Zerstörung der Umwelt gearbeitet. Die Beltquerung durchquert die Lebensadern von Pflanzen, Tieren und Menschen. Die Natur rächt sich. Am Toten Meer lässt sich nicht leben.

INGO LÜKEMANN, Timmendorfer Strand