Akte Jansen bleibt geöffnet

Gladbachs Marcell Jansen ist sauer, weil sein Vertrag auch für die zweite Liga gilt. Der Wechsel zum FC Bayern ist gefährdet. Sportdirektor Ziege wirft dem Nationalspieler fehlende Cleverness vor

„Fakt ist, dass die zweite Liga für mich nicht förderlich ist“, sagte Marcell Jansen

AUS MÖNCHENGLADBACH ROLAND LEROI

Auf einen von den Fotografen ersehnten Trikottausch hat Marcell Jansen mit Kalkül verzichtet. „Dann würde in den nächsten Wochen dauernd nur das Bild von mir im Bayern-Trikot abgedruckt und ich müsste dazu Statements abgeben“, sagt der Nationalspieler. Spekulationen gebe es ja ohnehin genug und viele meinen, dass der Mönchengladbacher Jansen am Samstag beim 1:1 (0:1) gegen den FC Bayern München schon seinen künftigen Arbeitgeber getroffen habe. Der 21-Jährige ist zu höflich, um zu erklären, dass ihn das nervt, stattdessen nutzte er die Gelegenheit, um seinem Ärger über den aktuellen Arbeitgeber Luft zu verschaffen. „Ich kann doch nichts machen, muss den Presseleuten aber dauernd alles erklären“, sagt Jansen mit hilfloser Miene und klagt, dass Borussia Mönchengladbach nicht mal mit ihm reden würde.

Es ist das Dilemma des offensiv ausgerichteten Linksverteidigers, dass seine Vertragslage eindeutig ist. Bis 2009 ist er an die Borussia gebunden, trotz des bereits seit einer Woche feststehenden Abstiegs in die zweite Liga hat er keine Option, den Verein vorzeitig zu verlassen. Dass er weg will, bekräftigt Jansen mit aller Macht. „Fakt ist, dass die zweite Liga für mich nicht förderlich ist. Ich will einen Schritt nach vorne machen“, sagt er. Als Nationalspieler fühlt sich der gebürtige Gladbacher, der schon seit der D-Jugend für die Borussia aktiv ist, im Unterhaus verschenkt. „Das meine ich doch gar nicht böse, Gladbach bleibt doch weiterhin mein Traumverein“, sagt er mit flehendem Tonfall.

Auf die Entscheidungsträger der Borussia macht das keinen Eindruck. „Wer in der Bundesliga spielen will, muss so clever sein und einen Vertrag unterschreiben, der nur für die Bundesliga gilt“, meint Sportdirektor Christian Ziege zur „Akte Jansen“. Trainer Jos Luhukay betont, dass er für den direkten Wiederaufstieg eine starke Mannschaft zusammenstellen will und “mit Jansen ganz fest plane.“

Gemeinhin dienen solche Aussagen, um den Transfererlös in die Höhe zu treiben, die Borussia befindet sich aber in keiner finanziellen Notlage. Zehn Millionen Euro stehen im Raum, doch Jansen geht bei solch einer Größenordnung der Hut hoch. „Ich kenne keinen Linksverteidiger, der zehn Millionen kostet“, meint er verärgert. Dass der Hamburger SV vor einem Jahr angeblich diese Summe für Jansen bot, ist für ihn kein Argument: „Damals war ich ein Bundesligaspieler, jetzt ist Gladbach Zweitligist.“ Viel mehr ärgert es den WM-Teilnehmer, dass sich diverse Auslandsangebote offenbar zerschlagen. Real Madrid, sogar Arsenal London sollen schon ihr Interesse bekundet haben, jetzt meint Jansen jedoch, dass „ein Wechsel ins Ausland in meiner Situation wohl doch sehr schwierig wird.“

Also doch die Bayern? Dass Jansen gut nach München passen würde, „weil jeder deutsche Nationalspieler interessant für den FC Bayern ist“, gibt deren Trainer Ottmar Hitzfeld gerne zu, mehr aber auch nicht. Bis zum Ende dieser Woche wolle Jansen die vorliegenden Angebote sondieren und hofft, ein Gespräch mit der Borussia führen zu können. „Es ist doch die Pflicht des Vereins, zumindest mit darüber zu reden, wie die sich das in der 2. Liga vorstellen“, sagt er. Ausgerechnet mit Jansen, der sich in jedem Match für die Mannschaft aufopferte und gegen den Abstieg stemmte, mag momentan aber niemand reden. „Wir sprechen zunächst mit den Leuten, deren Vertragslage unklar ist. Das trifft nicht auf Marcell zu“, sagt Luhukay und sieht auch in den nächsten drei Wochen keinen Gesprächsbedarf mit seinem Jungstar.

Von seinem Team gegen niveauarme Bayern im Stich gelassen fühlte sich Luhukay nach einem desolaten ersten Durchgang seiner Borussia, die durch Roy Makaays Treffer (12. Minute) nur mit 0:1 zurück lag. Künftig wolle er aber nicht mehr warten, ob sich Profis bereit erklären, in Gladbach zu spielen. „Jeder soll froh sein, wenn er für einen so tollen Klub auflaufen darf“, schimpfte der sonst gemäßigte Niederländer und redete sich trotz einer Steigerung nach der Pause, als Peer Kluge der Ausgleich (52.) gelang, in Rage. „Ich lasse mich nicht blenden. Namen oder die Höhe der Ablösesumme sind mir egal“, meint Luhukay, dem man das auch abnehmen mag.

Zweitligaprofis wie Roel Brouwers (Paderborn) und Timo Achenbach (Greuther Fürth) sollen auf seiner Einkaufsliste stehen. „Wer verpflichtet wird, ist aber zuvor mehrfach beobachtet und im Gespräch auf den Charakter überprüft worden“, sagt der Coach. Deshalb werde es noch viele Wochen dauern, bis der Kader, der den Wiederaufstieg schaffen soll, beisammen sei. Zumindest die Qualitäten von Marcell Jansen kennt Luhukay, auch wenn der am liebsten seine Akte im Borussia-Park zuklappen würde.