Erste Kirche wird zur Synagoge

Bibel, Taufschale, Abendmahlgeräte und Kerzen werden unter Gebeten und Segen aus der Kirche getragen, Orgel und Glocken erklingen ein letztes Mal: Mit einem feierlichen Gottesdienst ist gestern die Nutzung der Gustav-Adolf-Kirche in Hannover-Leinhausen als christliches Gotteshaus zu Ende gegangen. Nach der „Entwidmung“ wird sie für 350.000 Euro an die Liberale Jüdische Gemeinde verkauft. Nach Angaben der hannoverschen Landeskirche soll der 70er-Jahre-Bau dann als erste Kirche in Deutschland zu einer Synagoge werden.

Es sei „ein Geschenk des Himmels“, dass die jüdische Gemeinde gerade Räume suchte, sagte Landessuperintendentin Ingrid Spieckermann. Die Übergabe an die „Mutterreligion“ sei ein positives Signal in einer Zeit, in der sich der Antisemitismus wieder deutlich zeige: „Wir geben etwas an diejenigen zurück, deren Gotteshäuser vor 70 Jahren zerstört worden sind.“ Die Diskussion um einen Verkauf hatte bereits Ende der 90er Jahre begonnen, sagte Gemeindepastorin Sigrid Lampe-Demsky. 1971 hatte die evangelische Gemeinde 3.400 Mitglieder, heute sind es 1.300. In dem ursprünglichen Eisenbahner-Viertel Leinhausen lebten inzwischen viele Ausländer, die nicht der evangelischen Kirche angehörten, so Lampe-Demsky. In den vergangenen Jahrzehnten wurden laut Landeskirchenamt acht Kirchen und drei Kapellen der heute 1.371 Kirchen- und 176 Kapellengemeinden aufgegeben. TAZ