Ateliers gelandet

KREATIVE Bis Ende nächsten Jahres sollen im Flughafen Tempelhof günstige Arbeitsräume für Künstler und Musiker entstehen. Die Mietverträge sind auf 20 Jahre angelegt

Mehr als 850 Ateliers fielen seit 2011 den steigenden Immobilienpreisen zum Opfer

VON NINA APIN

Endlich einmal eine gute Nachricht für Berlins Kreative: Bald wird es 28 neue bezahlbare Ateliers und Musikübungsräume geben – und das in bester Innenstadtlage. Die Senatskulturverwaltung baut derzeit leerstehende Räume im ehemaligen Flughafen Tempelhof aus, die Ende 2015 bezugsfertig sein sollen. In einem Quergebäude sollen auf 430 Quadratmeter acht Ateliers entstehen, im Bauteil Q, einem Flachbau hinter dem Hauptgebäude, auf rund 500 Quadratmeter noch einmal zehn Ateliers und zehn Musikübungsräume. Der Mietpreis soll nach Auskunft von Kulturstaatssekretär Tim Renner 7 Euro warm pro Quadratmeter betragen. Die Vergabe der Ateliers wird durch das Atelierförderprogramm des Landes geregelt, als Betreiberin der Räume wird die gemeinnützige Gesellschaft für StadtEntwicklung (GSE) fungieren.

Wird der stillgelegte Flughafen Tempelhof nun doch zum „Kulturhafen“ ausgebaut – ein Nachnutzungskonzept, das die Grünen nach dem Volksentscheid über die Nichtbebauung des Flugfelds ins Spiel brachten? In der Senatskulturverwaltung will man sich dieses Label aus den Reihen der Opposition natürlich nicht zu eigen machen. Und spricht so lieber zurückhaltend von „neuen Impulsen“ für das viertgrößte Gebäude der Welt. Trotzdem meint der Senat es ernst mit den Kreativen: Die Mietverträge sind auf 20 Jahre angelegt. Eine langfristige Perspektive, die die rund 800 in der Stadt lebenden Künstler auch gut gebrauchen können.

Dass es für sie inzwischen fast unmöglich sei, bezahlbare Arbeitsplätze in der Innenstadt zu finden, beklagte erst kürzlich der Berliner Atelierbeauftragte Florian Schmidt. 830 geförderte, mietpreis- und belegungsgebundene Ateliers und Atelierwohnungen hat das Atelierprogramm derzeit im Angebot. Mehr als 850 Ateliers fielen seit 2011 den steigenden Immobilienpreisen zum Opfer, aktuell sind mindestens acht Atelierhäuser in ihrer Existenz bedroht. Die neu geschaffenen Arbeitsplätze im ehemaligen Flughafen könnten ein erster Schritt sein zu einem neuen Umgang mit den vielen Kreativen, die zwar den guten Ruf Berlins mehren, aber bislang kaum politische Unterstützung erhielten. „Wir glauben, dass dieser zusätzliche Atelierraum auch der Stadt insgesamt zugute kommt“, sagte Günter Kolodziej, Sprecher der Kulturverwaltung, der taz.

Die Ateliers liefern nicht nur dringend benötigte Produktionsräume, sie werden auch zur Belebung der riesenhaften Immobilie am Columbiadamm beitragen. Rund 100 Einzelmieter befinden sich bereits in dem 300.000 Quadratmeter großen Bauwerk, trotzdem ist ein Drittel der Flughafenflächen ungenutzt. Die landeseigene Tempelhof Projekt GmbH, die für Management und Entwicklung des denkmalgeschützten Gebäudes zuständig ist, sucht derzeit nach Investoren für das ehemalige Offiziershotels der U.S. Air Force am Platz der Luftbrücke. Es ist geplant, das markante, 8.000 Quadratmeter große Gebäude zu einem Kreativ- und Gründerzentrum auszubauen. Mit dazu gehören sollen auch Ausstellungsräume und Gastronomie.

Bei aller Entwicklungsfreude werden sich die Pläne für den Kreativstandort Tempelhof nicht mit einer eventuellen späteren Nutzung durch die Zentral- und Landesbibliothek in die Quere kommen. Der Flughafen gilt als einer von vielen möglichen Standorten für den neuen Büchertempel. Das Gebäude böte im Zweifelsfall aber Platz genug, um sowohl die Bibliothek als auch das Kreativquartier zu beherbergen.