Lehramt: Unis kürzen Studium

An vielen Universitäten werden künftig bestimmte Fächerkombinationen für angehende Lehrer nicht mehr möglich sein. Studierendenvertreter befürchtet Auswirkungen auf das Bildungsniveau

VON ELMAR KOK

In NRW werden die Lehramtsstudiengänge beschnitten. Die Universität Duisburg-Essen hat das Fach Erdkunde für angehende Lehrer für das kommende Wintersemester aus dem Vorlesungsverzeichnis gestrichen, in Bielefeld soll morgen der Senat der Uni über die Zukunft der Fächer Musik und Kunst entscheiden. Janosch Stratemann, Sprecher des Landes-ASten-Treffen in Nordrhein-Westfalen, befürchtet deshalb, dass „an den Universitäten die Fächerwahl künftig eingeschränkt wird“ und dass die zukünftigen Lehrer „nicht mehr vernünftig ausgebildet werden können“.

Eine Befürchtung, die auch die Kommission, die dem Wissenschaftsministerium Empfehlungen zur Reform des Studiums gab, teilt. Die Kommission unter der Leitung von Jürgen Baumgart, Chef des Berliner Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, „rät dringend, auch bei schlechter Bewerberlage in einigen Fachdidaktiken hohe wissenschaftliche Standards an die Besetzung entsprechender Professuren anzulegen und der Versuchung zu widerstehen, ausgeschriebene Stellen unterqualifiziert oder nicht einschlägig zu besetzen“ (siehe Interview unten).

André Zimmermann, Sprecher des Wissenschaftsministeriums will keinen Zusammenhang zwischen den Empfehlungen der Kommission und den geplanten Streichungen bei der Lehrerausbildung sehen. „Diese Vorgänge sind völlig unabhängig voneinander“, sagt er. Die Lehrangebote seien Angelegenheit der jeweiligen Hochschule, zudem kein „starres Gebilde“. Eingreifen müsse das Ministerium nur dann, wenn es an den Universitäten beim Streichen des Angebots „eine Parallelität gäbe“. Ob es für die Zukunft wünschenswert ist, die Lehrerausbildung auf einige wenige Universitäten mit breitem Fächerangebot zu verteilen? „Das muss ich der Spekulation überlassen“. Allerdings habe es so einen Fall schon gegeben, als die Lehramtsstudiengänge in Bonn und Düsseldorf eingestellt worden seien und die Inhalte dann in Wuppertal und Köln angeboten wurden.

Petra Josting, Leiterin des Zentrums für Lehrerbildung der Universität Duisburg-Essen, sagt, es sei „schade wenn das Angebot einer Universität nicht breit genug ist“. Gerade die musisch-ästhetische Bildung liegt ihr am Herzen. An der Duisburg-Essener Hochschule sei die musikalische Ausbildung nur in Zusammenarbeit mit der Essener Folkwang-Hochschule möglich, „und dann müssen Sie ja schon Orchester-Musiker sein“. In der Diskussion steht an der Duisburg-Essener Universität nach Jostings Angaben auch das Fach Pädagogik. Gegenüber der taz mahnt sie, „nicht nur auf Naturwissenschaften zu setzen“.

Stratemann hält die Konzentration der Lehrerausbildung auf wenige Standorte für die zukünftigen Studierenden für problematisch. Aus Kostengründen sei es für viele Kommilitonen wichtig, möglichst wohnortnah zu lernen, „damit ein Studium überhaupt möglich ist“. Nach neuen Sozialerhebungen der Studentenwerke sei in den vergangenen drei Jahren die finanzielle Situation der StudentInnen gleich geblieben. „Ein Viertel der Studierenden muss mit weniger als 600 Euro monatlich auskommen“, sagt er. Zukünftig würden noch weniger Menschen Nischenfächer wie Kunst oder Musik studieren, obwohl es dort bald einen hohen Bedarf für Lehrer gebe. „Das wird sich auch auf das Bildungsniveau auswirken“.