FRANKREICH I: DIE SOZIALISTEN MÜSSEN SICH NEU ERFINDEN
: Die Verlierermaschine

Frankreich, wo immer wieder große soziale Bewegungen ihren Anfang genommen haben, hat an diesem Sonntag selbst die konservativsten Spitzen in den meisten anderen europäischen Ländern rechts überholt. Vor wenigen Jahren noch kehrte Jacques Chirac Österreich den Rücken, weil dort die FPÖ des Rechtspopulisten Jörg Haider mit in der Regierung saß. Jetzt hat sein Nachfolger zentrale Ideen der eigenen französischen Rechtsextremen in sein Programm übernommen. Mit Nicolas Sarkozy halten nun also Vorstellungen der Front National Einzug in den Elyséepalast. Sarkozys Wahl ist ein weiterer Schritt zur Aufwertung rechtsextremer Ideen.

Zugleich steht die französische Linke nun endgültig mit dem Rücken zur Wand. Zum dritten aufeinanderfolgenden Mal ist die Sozialistische Partei (PS) bei Präsidentschaftswahlen gescheitert. Zwar hat die Partei bei den zurückliegenden Regionalwahlen 20 der 22 Regionen erobert und schnitt auch bei den Europaparlamentswahlen gut ab. Doch gegenüber ihrem Scheitern am obersten und einflussreichsten Amt in der Republik sind das Trostpreise. Zumal vermutlich schon in wenigen Wochen eine neuerliche herbe Wahlniederlage ansteht.

Wenn sich die Erfahrung bestätigt, dass die Franzosen einem gut gewählten Präsidenten wenige Wochen danach auch eine starke parlamentarische Mehrheit zur Seite stellen wollen, könnte die PS im künftigen Parlament noch schwächer sein als im vergangenen. Schon dort führte sie – selbst mit der Unterstützung von Grünen und KommunistInnen – nur ein Schattendasein. Gegen die absolute Mehrheit der Rechten konnte die PS nichts durchsetzen.

Um aus der Verliermaschine herauszukommen, muss die französische Linke jetzt umdenken. Das gilt sowohl für die radikale Linke, die bei diesen Präsidentschaftswahlen mit sechs konkurrierenden KandidatInnen angetreten und total gescheitert ist. Und das gilt erst recht für die immer noch große Sozialistische Partei, bei der schon lange nicht mehr erkennbar ist, in welches Lager sie politisch gehört und welches Programm sie vertritt.

DOROTHEA HAHN