HAMBURGER SZENE VON KAIJA KUTTER
: Atomkraft verbindet

Seit Fukushima ist die Anti-AKW-Sonne wieder präsent. Das kann mitunter zu anstrengenden Begegnungen führen. „Atom, ja, CDU, ja“, skandiert ein Mann in der S-Bahn, als eine Familie neben ihm Platz nimmt. Ihn provoziert offenbar ein grüner Luftballon mit gelber Sonne.

„Ich zahl für Strom lieber drei Cent die Stunde als 50 Cent“, fährt er fort. „Zwei kaputte AKW in 20 Jahren sind nicht schlimm.“ Nicht mal mehr auf die CDU sei Verlass. Er werde eine Partei gründen, die „Ich hasse alle Parteien außer meine“ heißt. Er versucht daraus ein Kürzel zu formen, „I. H. A. …“. Keiner hat Lust auf eine Diskussion.

„Es gibt Meinungsfreiheit, Sie dürfe sagen, was sie wolle“, versucht die Mutter das Gespräch zu beenden. Da wird der Mann unangenehm vertraulich. Dass er die „ganze Nacht“ mit etwas sehr „Angenehmen“ verbracht habe. „Ich weiß, hier sind Kinder. Aber der Herr da drüben weiß schon, was ich meine.“ Stille. Eine ältere Dame auf der Bank gegenüber guckt genervt zur Decke.

Was denn mit den Leuten los sei, dass schon ein Grüner Ministerpräsident wird, kommt der Redselige wieder auf die Politik zu sprechen. „Da kann man gleich Vegetarier werden.“ – „Oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen“, sagt der Familienvater trocken. Die Dame lacht. Er rede ja nur so, weil er getrunken habe, jammert der Mann. „S-Bahn fahren ist so langweilig.“