LESERINNENBRIEFE
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An Ehec gewöhnen

■ betr.: „Ehec-Suche: Zurück auf ‚Los‘“, taz vom 1. 6. 11

Der Infektionsweg mit Ehec ist schon lange bekannt. Durch einseitige Fütterung mit Mais- oder Grassilage, die zu einem übersäuerten Verdauungstrakt der Rinder führt, kann sich der Keim entwickeln. Er wird von den Tieren ausgeschieden und gelangt mit der Gülle auf die Felder. Dort kann er ein Jahr außerhalb des Darms überleben, weil er sehr resistent ist. Im Folgejahr kann er von Pflanzen über die Wurzeln aufgenommen werden, was eine US-amerikanische Studie von 2002 belegt: http://aem.asm.org/cgi/reprint/68/1/397.pdf.

Da wenige Dutzend der Keime für eine Infektion des Menschen ausreichen, können selbst wenige Keime in einer Pflanze Menschen infizieren. Die Bundesregierung und ihr verlängerter Arm, das Robert-Koch-Institut, wollen diese Möglichkeit nicht eingehend untersuchen und problematisieren, weil dies zu einer Umstellung der Fütterung der Tiere zurück zu artgerechtem Futter führen müsste. Dann würde der Fleisch- und Milchpreis steigen, weil das teurer ist. Dadurch würde vielen Menschen bewusst, wie arm sie eigentlich schon sind. Das ist nicht erwünscht, weil es sozialen Sprengstoff birgt. Ich glaube, wir sollten uns deshalb an Ehec gewöhnen und weiter schön den Mund halten bei Lohneinbußen, Kürzungen und Teuerung in allen anderen Bereichen. Hauptsache der Braten kostet genau so viel wie vor zwanzig Jahren. PETER ZIMMERMANN, Hamburg

Methodische Mängel

■ betr.: „Ehec-Suche: Zurück auf ‚Los‘“, taz vom 1. 6. 11

Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, erstens, warum der Erreger auf den spanischen Gurken nun zugegebenermaßen seit Wochen ungenau bestimmt blieb, und zweitens, wieso es nicht gelang, bei inzwischen zweitausend Erkrankten einige wenige gemeinsame kritische Konsum- und/oder Ernährungs- bzw. sonstige Verhaltensgewohnheiten herauszufiltern. Das lässt methodische Mängel vermuten. ALBRECHT THÖNE, Schwalmstadt

Von allen (Frei-)Geistern verlassen

■ betr.: taz.die kirchentaz

Dreimal vier Seiten Kirchentaz angekündigt! Ich traute meinen Augen kaum, als ich das las. Seid ihr denn von allen guten (Frei-)Geistern verlassen? Es genügt nicht, dass mit meinen Steuergeldern dieser Kirchentag finanziert wird und ich als Einwohner von Dresden dieses Spektakel miterleben muss. Nun nötigt mich auch noch „meine“ Zeitung mit diesen Beiträgen. Unerhört und völlig deplatziert! Da kann ich mir gleich eine konservative Sächsische Zeitung abonnieren. GUNDOLF GRAFE, Dresden

Frauen-Schutz-Staat?

■ betr.: Entscheidung des Tages: „Wen interessiert der Mann?“ (zum Ausgang des Kachelmann-Prozesses), taz vom 1. 6. 11

Schon oft habe ich mich gewundert, was ihr in dieser Rubrik an LeserInnenzitaten veröffentlicht: Plattitüden, Binsenweisheiten, Genörgel. Heute mal wieder: „Denn zum Schutz der Frauen hätte das Urteil nur auf schuldig lauten dürfen.“ Ja, leben wir in einem Rechtsstaat oder in einem Frauen-Schutz-Staat? Sind Frauen qua Gene unschuldig, friedfertig, rein von kriminellen Anwandlungen? Dürfen sie, weil sie so unschuldig und schwach sind, sogar ungestraft lügen? Hat es das noch nie gegeben, dass eine Frau sich an einem Mann rächen wollte? Und wenn es mal in einem Missbrauchsprozess zu der Konstellation Frau gegen Kind kommt, weil die Frau – ist schon vorgekommen! – den Missbrauch aktiv gefördert hat, wer soll dann „geschützt“ werden? CHRISTIANE RATTINGER, Offenbach

Auf die Honorierung beschränken

■ betr.: „Kein Tod auf Rezept“, taz vom 31. 5. 11

Die Wehrpflicht ist auf Eis gelegt, viele MusterungsärztInnen sind erfreulicherweise arbeitslos. Die Funktionäre der Ärzteschaft plädieren für ein Verbot der Beihilfe zur Sterbehilfe. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich diese Funktionäre je öffentlich Gedanken über die vieltausendfache Beteiligung von ÄrztInnen an den Tauglichkeitsmusterungen gemacht hätten. Immerhin ging es dabei doch darum, junge Männer – oft unter beschämenden äußeren Bedingungen – für das Töten anderer Menschen tauglich zu erklären.

Gibt man beim Suchen im Internet „Musterung“ und „Bundesärztekammer“ ein, so dominiert ein Artikel aus dem Spiegel vom 9. 5. 1956. Da verlangte die Bundesärztekammer wohl erfolgreich für zivile Musterungsärzte die Abrechnung nicht nach Armensätzen der Gebührenordnung, sondern ein Pauschalhonorar von 20 Mark. Da wäre es konsequent, wenn sich die Bundesärztekammer auch bei der Beihilfe zur Sterbehilfe auf die Frage der Honorierung beschränken würde. UDO GRÖNHEIT, Berlin

Befreiung von der Hexenplage

■ betr.: „Nach dem Urteil“, taz vom 1. 6. 11

Regula Schwagers Anregung, „der Täter müsse beweisen, dass nichts passiert sei“, ist unbedingt mit sofortiger Wirkung umzusetzen. Diese Maßnahme hat sich schon in der Vergangenheit zum Segen für die Menschheit bestens bewährt. Nur auf diese Art konnten sich die Leute von der Hexenplage befreien, und von dieser Befreiung profitieren wir alle noch heute. ROLF METZGER, Troisdorf