Zuckerguss auf dem Misthaufen?

AFD IM POTSDAMER LANDTAG

Das Haus applaudierte, nur die Linke nicht

Was tun gegen die AfD? Soll man sie ausgrenzen, um allen vor Augen zu führen, dass Rechtspopulisten nicht demokratiekompatibel sind? Oder soll man sie wie eine normale Partei behandeln, weil die Ausgrenzung ihr erst recht erlauben würde, sich zum einsamen Verkünder verdrängter Wahrheiten zu stilisieren?

Alexander Gauland ist Fraktionschef der AfD und hat als Alterspräsident am Mittwoch den Potsdamer Landtag eröffnet. Keinen Eklat meldeten Zeitungen nach der Rede. Anstößiges erwarten konnte freilich nur, wer nicht weiß, dass Gauland ein bildungsbürgerlicher Konservativer ist. Der 73-Jährige zitierte ausgiebig sein Idol, den britischen Konservativen Edmund Burke, um zu begründen, warum der freie, gleichermaßen seinem Gewissen und dem Gemeinwohl verpflichtete Parlamentarier eine Lichtgestalt der Demokratie ist. Es war eine solide Rede auf einem intellektuellen Niveau, das im Potsdamer Landtag nicht immer die Regel ist. Das Haus applaudierte, nur die Linksfraktion nicht, was eher kleinmütig als souverän wirkte.

Burke war im frühen 19. Jahrhundert Begründer des modernen Konservativismus, einer skeptisch-pragmatischen Weltsicht, der ideologischer Eifer wesensfremd ist. Genau so möchte die Professorenriege der AfD ihre Partei inszenieren: vernünftig und konservativ. Sind solche Auftritte nicht der Zuckerguss auf dem Misthaufen? Vielleicht.

Es ist zu früh, das zu beantworten. Wahrscheinlich wird die AfD, wie alle ihre Vorgänger, in einem Sumpf von Rechtsradikalismus, Ressentiments gegen Fremde und die EU, Intrigen und Streit versinken. Ihre Klientel scheint die AfD für das Radauhafte und kleinkariert Deutschtümelnde gewählt zu haben und nicht für gediegene Lobreden auf den freien Abgeordneten.

Weniger wahrscheinlich ist, dass die AfD sich zu einer kulturkonservativen Kraft entwickelt, zu einer Art Traditions-CDU vor Merkel. Völlig ausgeschlossen ist das angesichts des Zusammenbruchs der FDP aber auch nicht.

Wenn die demokratischen Parteien bei jedem Auftritt der AfD in den Landtagen nun so tun, als wäre der Fuchs im Hühnerstall, nutzt das nichts. Besser ist die dosierte Reaktion: Wo die AfD, wie in Mecklenburg, mit der NPD fraternisiert, ist scharfe Abgrenzung gefragt. Wo sie sich hingegen manierlich verhält, normaler Umgang. Das ist nicht schwach oder inkonsequent, sondern selbstbewusst und klug. Im besten Fall treibt es in der AfD auseinander, was nicht zusammengehört. STEFAN REINECKE