Der Kampf gegen den IS

SYRISCHE KURDEN BRAUCHEN HILFE Ines Kapperts Kommentar zum drohenden Fall der syrisch-kurdischen Stadt Kobani am vergangenen Dienstag und die Berichterstattung in dieser Woche zum Thema ließen taz-LeserInnen „zur Feder greifen“

■ betr.: „Was passiert nach dem Einsatz?“, taz vom 7. 10. 14

Es ist ermüdend zu lesen, wie sich Ines Kappert an Syriens Assad abarbeitet. Offensichtlich in der naiven Annahme, alle Probleme könnten gelöst werden, wenn nur der Staatschef beseitigt wird. Als wäre Assad noch selbstherrlich agierendes Subjekt in diesem unsäglichen Konflikt, nicht längst auch Spielball unterschiedlicher, teils konträrer Interessen diverser ausländischer Regierungen. Die munter Waffen liefern, Geld geben, Rebellen pampern – und (welch Überraschung!) hier und da die schmerzliche Erfahrung machen, dass die Geister, die sie riefen, ein unerwünschtes Eigenleben entwickeln. Gewiss kann man ein Regime von außen stürzen. Aber man übernimmt damit die Verantwortung für alle Konsequenzen. Gaddafi ist weg, und was ist mit Libyen heute? Saddam ist weg, und was ist aus dem Irak geworden? Beim Thema Syrien, aber eben nicht nur dort, stelle ich mit Bedauern fest, wie selbstverständlich sich die taz inzwischen außen- und sicherheitspolitisch im Mainstream bewegt.

HEIKO SCHLOTTKE, Trappenkamp

■ betr.: „IS-Milizen in Kobani“,taz vom 8. 10. 14

Mir tun die Kurden leid, wie viele andere Völker auf dieser Welt, die kein Recht auf ein eigenes Land haben.

Wie kann man das IS-Problem lösen? Der Iran könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, dafür muss die Rolle von Saudi-Arabien in der Region kritisch hinterfragt werden. Ohne Russland kann das Syrien-Problem nicht gelöst werden. Die UNO muss wieder die internationale Führung übernehmen und entsprechend reformiert / gestärkt werden. Dafür sollten die USA deutlich bescheidener werden. Deutschland sollte aufhören, Waffen nach Saudi-Arabien zu exportieren, und sollte die eigene Beziehung zu solchen Ländern überdenken. Schließlich sollten Völker wie die Kurden und die Palästinenser endlich ein eigenes Land bekommen und von internationalem Völkerrecht geschützt werden.

DAVIDE BROCCHI, Köln

■ betr.: „Was passiert nach dem Einsatz?“, taz vom 7. 10. 14

Die Frage ist richtig gestellt. Die Forderung nach einem militärischen Einsatz in Syrien und nach einem „Konzept“ für diesen Einsatz ist grundlegend falsch. Richtig wäre die Forderung, das Völkerrecht nicht ständig mit Füßen zu treten.

Ohne die logistische Unterstützung, die Waffen und das Geld der Türkei, der Golfstaaten und der USA gäbe es weder den dreijährigen Bürgerkrieg in Syrien noch einen IS. Und nun lautet die originelle Idee auf Seite 1 der taz, die Nato solle diesen drei Hauptschuldigen durch Waffenlieferungen und sonstige Komplizenschaft den Rücken stärken. Dann werde alles gut.

Der Vertrag von Minsk, der den Krieg in der Ukraine beendet hat, würde vielleicht auch im Nahen Osten helfen. Alle ausländischen Truppen raus, Waffenstillstandslinien mit dem IS und für alle beteiligte Länder jedwede Hilfe, die sie erbitten, sofern sie sich ausschließlich in ihren staatlichen Grenzen bewegen. Und dann hoffen, dass die Kurden im Rahmen solch einer völkerrechtlich korrekten Verfahrensweise Unterstützung durch die syrische Armee bekommen und Kobani halten können.

ROLF WALTHER, Ohlstadt

■ betr.: „Was passiert nach dem Einsatz?“, taz vom 7. 10. 14

Das Problem scheint mir doch weniger darin zu liegen, dass die Regierung Obama beziehungsweise Erdogan den IS nicht stoppen kann, sondern ihn – einstweilen – nicht stoppen will. Dass hier die syrischen Kurden sowie deren bewaffneter Arm, die YPG, einem möglichen Massaker beziehungsweise einer verheerenden Niederlage preisgegeben werden, dürfte bezüglich der Regierung Obama Teil eines zynischen geostrategischen Kalküls, aus Perspektive Erdogans und wahrscheinlich auch des türkischen Militärs durchaus erwünschte Konsequenz sein: Sollen die IS-Kräfte doch die Drecksarbeit erledigen, den Rest kehrt dann das türkische Militär zusammen. Der syrische Norden wird zum kontrollierten Sicherheitsglacis der Türkei, einen Kurdenstaat wird es nicht geben. Solange die USA meinen, hinsichtlich ihrer geostrategischen Interessen nicht auf die Türkei verzichten zu können, um sich im Nahen Osten ein wichtiges Sprungbrett zu bewahren, sowohl im Hinblick auf die Erdöl exportierenden arabischen Staaten als auch bezüglich einer wieder als dringlicher empfundenen Eindämmung russischer Ambitionen, werden sie nichts tun, was türkischen Interessen fundamental zuwiderläuft.

Dass es auch anders ginge, zeigt der Irak: Dort wurden und werden kurdische Kräfte genau so weit unterstützt beziehungsweise aufgerüstet, dass sie in der Lage sind, im Verbund mit Teilen der irakischen Armee, schiitischen Milizen und Luftangriffen der Amerikaner den IS-Vormarsch zu stoppen, ohne dabei jedoch zu einem Mitspieler zu werden, der mächtig genug wäre, einen kurdischen Staat durchzusetzen. In der (noch) komplizierteren Gemengelage des syrischen Bürgerkriegs hingegen sind die Kontrollmöglichkeiten der USA und ihrer Verbündeten jedoch deutlich beschränkter. Unter diesen Umständen haben die syrischen Kurden wenig mehr zu erwarten als warme Worte und ein paar Alibibomben. Die Erkenntnis allerdings, dass durch diese zynische Machtpolitik schon die Saat für nächste und übernächste Katastrophen ausgebracht wird, hat im Denken der politisch Verantwortlichen für dieses Desaster vermutlich keinen Platz. Die Folgen dieser kaltschnäuzigen Politik könnten sich mittel- bis langfristig jedoch noch als desaströs für uns alle erweisen. MARKUS STEUER, Darmstadt

■ betr.: „Was passiert nach dem Einsatz?“, taz vom 7. 10. 14

Danke, für diesen guten Kommentar. „Es gibt keine Alternative zu einer neu koordinierten internationalen Außenpolitik.“ Jedenfalls keine, die „das Manöver des letzten Augenblicks“ als „alternativlos“ darstellt. Sie stellen zwar viele Fragen – doch das ist besser, als ein Handeln, ohne die Folgen durchdacht zu haben. Die Antworten würden tiefgreifende Umstrukturierungen bedeuten. Trotzdem sollten Sie Denkanstöße geben.

NORBERT VOSS, Berlin

■ betr.: „Die Grenzen des Luftkriegs“ von D. Johnson, taz vom 8. 10. 14

Es wurde tagelang berichtet, die IS-Truppen hätten Kobani unter Granatenbeschuss genommen und dringen mit schweren Waffen und Panzern auf die Stadt vor. Die kurdischen Kämpfer wären hoffnungslos unterlegen. Das sind also keine „kleinen Teams auf Motorrädern“, wie der Autor schreibt. Dass dieser Vormarsch der IS mit Luftschlägen nicht zu stoppen wäre, kann niemand glaubhaft machen. Und wenn man die von den Terrormilizen auf einem Hügel errichtete schwarze Fahne auf dem Foto sieht, fällt es schon sehr schwer zu glauben, dass dies kein Ziel für amerikanische Kampfflugzeuge sein soll. Die neuesten Begründungen aus Washington lauten, man halte sich mit Luftschlägen zurück, um Kollateralschäden in Stadtnähe zu vermeiden. Eine interessante Erklärung für ein Kampfgebiet, aus dem die meisten Zivilisten schon längst geflohen sind.

HARTMUT GRAF, Hamburg

■ betr.: „Krieg der Köpfe“, taz vom 6. 10. 14

Schön, dass auch in der taz mal festgehalten wird, dass der Islam nicht per se eine „friedliebende Religion“ ist, wie die Beschwichtiger der Islamverbände oder jüngst Frau Amirpour immer behaupten. Vormoderne Schriften und Traditionen können eben für alles Mögliche herangezogen werden. Natürlich ist dem einzelnen Muslim nicht vorzuwerfen (und von ihm nicht zu entschuldigen), was andere als islamisch rechtfertigen. Die islamische Theologie und organisierte Praxis muss sich aber sehr wohl vorwerfen lassen, dass unter Islam auch heute noch solch barbarische Handlungen fassbar sind. Hier muss der Deutungskampf laufen, vor allem innerislamisch, immer und immer wieder. Wir Nichtmuslime (oder Nichtgläubige) geben dazu mit Fragen und auch Vorwürfen, die nach Antworten suchen, nur den Anstoß. MAIK HARMS, Hamburg

■ betr.: „Krieg der Köpfe“, taz vom 6. 10. 14

Robert Misik kommt anscheinend nicht im Traum auf die Idee, die Nazigräuel in seine Betrachtungen einzubeziehen.

Das ganze Getue um die systematische „Aufwertung“ der dschihadistischen Verbrechen zum Jahrhundertwahn ist Makulatur, solange nicht immer wieder klipp und klar betont wird, dass es wohl keine islamistische Verbrecherbande in den nächsten tausend Jahren schaffen wird, in grausamster Weise so viel Blut zu vergießen, wie das noch vor wenigen Jahrzehnten deutsche Nazis getan haben. Dass diese Tatsache in einem derartigen Pamphlet komplett unter den Tisch fällt, ist unerträglich, ja obszön. HEINZ MUNDSCHAU, Aachen

■ betr.: „Krieg der Köpfe“, taz.de vom 5. 10. 14

Aber hallo! Haben Sie ganz vergessen bei ihrer Aufzählung: „Die Tötungsart hat immer einen symbolischen Überschuss, vom Genickschuss in den Folterkellern der sowjetischen GPU (kurz, emotionslos, technisch kühl) bis zur Guillotine nach der Französischen Revolution“, dass der Tod ein Meister aus Deutschland ist? Paul Celan, „Die Todesfuge“.

Vor Kurzem war ich das erste Mal im KZ Sachsenhausen, wo ein Teil meiner Familie umgebracht worden ist. Dort habe ich erfahren, dass die Nazis innerhalb von sechs Wochen 50.000 russische Kriegsgefangene per Erschießung gemordet haben.

Das nur mal zur Erinnerung.

NONO MARCUS, taz.de

■ betr.: „Krieg der Köpfe“, taz vom 6. 10. 14

Mord ist abscheulich. Grausamer Mord ist noch abscheulicher. Ach ja, und bitte jedes Mal Mord dazusagen, nicht Exekution oder so! In der heutigen zivilisierten Gesellschaft ist darüber hinaus auch die Todesstrafe zu Recht geächtet, also selbst jemand zu töten, der ein grausames Verbrechen begangen hat. Aber was hat das mit köpfen in der Geschichte zu tun? Im Vergleich zu grausamen Tötungsarten wie rädern, kreuzigen, auch hängen etc. ist köpfen – im Sinne von: mit dem Schwert und schnell, und so wie im Koran beschrieben – im historischen Kontext eine vergleichsweise „humane“ Exekutionsmethode gewesen. Also was soll das mit köpfen und Islam? Unser ganzes Mittelalter war doch voll davon! Und was Feinde nach der Schlacht abschlachten betrifft: Da bietet das alte Testament einiges. Köpfen ist historisch eben nichts Terrorisierendes. Oder wer würde im Zweifel lieber gekreuzigt, gerädert oder gehängt werden?

Fazit: Die IS-Morde sind unfassbar abscheulich. Und sie haben nichts mit islamischer Tradition zu tun.

SILKE KARCHER, Berlin