Erster Sitz für Rechtspopulisten

GROSSBRITANNIEN Ukip gewinnt bei Nachwahlen ein Mandat im Unterhaus. Fast wären es sogar zwei

DUBLIN taz | Die rechtspopulistische United Kingdom Independence Party (Ukip) hat ihren ersten Unterhaussitz im britischen Parlament gewonnen. Bei einer Nachwahl in Clacton an der Nordseeküste östlich von London kam der Ukip-Kandidat auf knapp 60 Prozent der Stimmen. Alle anderen großen Parteien brachen ein: Die Konservativen unter Giles Watling rutschten von 53 auf 25 Prozent, Labour von 25 auf 11 und die Liberaldemokraten, die mit den Konservativen die britische Regierung stellen, sogar von 13 auf 1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,2 Prozent, was für eine Nachwahl recht ordentlich ist.

Die Nachwahl war notwendig geworden, weil Douglas Carswell im August von den Konservativen zu Ukip übergelaufen war. Bei den letzten Parlamentswahlen 2010 hatte Carswell als Tory 53 Prozent der Stimmen gewonnen. Er bleibt jetzt im Parlament – als erster Ukip-Abgeordneter.

Carswell hätte fast noch Gesellschaft bekommen: Bei einer zweiten Nachwahl in Heywood and Middleton im Raum Manchester, die durch den Tod des Labour-Abgeordneten Jim Dobbin erforderlich geworden war, fehlten dem Ukip-Kandidaten John Bickley lediglich 617 Stimmen, um in der Labour-Hochburg zu triumphieren. Labour-Kandidatin Liz McInnes legte um einen Punkt auf 41 Prozent zu, während Ukip sich von unter 3 auf knapp 39 Prozent steigerte.

Eine weitere Nachwahl steht demnächst in Rochester and Strood an, wo der Tory-Abgeordnete Mark Reckless ebenfalls zu Ukip gewechselt ist. Parteichef Nigel Farage sagte bei der Stimmenauszählung in Clacton: „Wir sind die nationalste aller politischen Parteien. Keine andere Partei kann die alten Trennlinien von links und rechts sowie die Klassentrennlinien überwinden.“ Auf die Frage, wie die anderen Parteien auf den Ukip-Erfolg reagieren könnten, antwortete Farage: „Dafür ist es zu spät.“ Er rechne mit weiteren Überläufern, sowohl von den Tories als auch von Labour.

Der konservative britische Premierminister David Cameron sagte, diese Wahlergebnisse seien ein Beweis dafür, dass Ukip-Wahlsiege zu einem Labour-Sieg bei den nächsten Parlamentswahlen 2015 führen würden. Die nächste Wahl in Großbritannien im Mai 2015 werde „die wichtigste seit einer Generation“, sagte er. Labour-Parteichef Ed Miliband sagte, die Ergebnisse zeigten, dass „dieses Land nicht funktioniert“ und dass die Menschen sich Sorgen über die Einwanderung machten, wofür er Verständnis habe. RALF SOTSCHECK