Ende der großen Koalition?

Von den CDU-Nachfragen genervt, verkündete Bildungssenator Willi Lemke gestern das „Ende“ von zwölf Jahren großer Koalition in Bremen im Streit um Susanne Albrecht in der Bildungsdeputation

Von Klaus Wolschner

„Es ist schade, dass zwölf Jahre großer Koalition so zu Ende gehen.“ Das hat Bremens Bildungssenator Willi Lemke, seit acht Jahren Bildungssenator, gestern zu dem bildungspolitischen Sprecher der CDU, Claas Rohmeyer, gesagt. Hintergrund waren Nachfragen von Rohmeyer in der Bildungsdeputation zum Thema Susanne Albrecht, die Lemke offensichtlich genervt haben. Insbesondere empörte sich Lemke auch über die Formulierung, Henning Scherf habe sich als „Helfershelfer“ für Terroristen betätigt. Susanne Albrecht habe auch keinen „Tarnnamen“ benutzt, stellte Lemke klar. Das hatte CDU-Spitzenkandidat Thomas Röwekamp verbreitet. Sie hatte bei der Hochzeit zu DDR-Zeiten den Namen ihres Ehemannes angenommen.

Rohmeyer erklärte zu Beginn der Sitzung der Bildungsdeputation ausdrücklich, er wolle keinen Wahlkampf machen, sondern nur einige sachliche Fragen zu den Voraussetzungen stellen, unter denen jemand in Bremen an einer Schule arbeiten kann. Die Forderung seines Spitzenkandidaten Röwekamp, Susanne Albrecht sofort von ihren Lehrverpflichtungen zu entbinden, wiederholte Rohmeyer nicht.

„Die widerliche CDU-Wahlkampf-Inszenierung hat nicht verfangen“, erklärte die grüne Bildungspolitikerin Anja Stahmann nach der Sitzung. Susanne Albrecht habe dem Terrorismus „eine klare Absage erteilt, als Kronzeugin ausgesagt und ihre Strafe verbüßt“. Seit 14 Jahren arbeite sie erfolgreich für die Stadtteilschule. „Diese erfolgreiche Resozialisierung hat die CDU gefährdet. Ohne Rücksicht auf ihr weiteres Schicksal wurde Frau Albrecht ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt – einfach armselig.“

Besonders sauer war Lemke auch, weil er danach gefragt wurde, was er 1993 denn für eine Rolle gespielt habe bei den ersten Kontakten zwischen Albrecht und Stadtteilschule. Er habe damals, konterte Lemke, die Meisterschaft von Werder Bremen vorbereitet.

Lemke hat bis vor wenigen Wochen noch nichts von der Beschäftigung bei der Stadtteilschule gewusst. Ein katholischer Priester hatte sich 1993 an Henning Scherf persönlich gewandt und um Hilfe gebeten, Scherf hatte daraufhin den Kontakt zum Verein Stadtteilschule vermittelt, ohne den Zusammenhang zu erklären.

Es habe dabei „zweifellos Risiken gegeben“, meinte die SPD-Bildungspolitikerin Ulrike Hövelmann. Aber Susanne Albrecht habe das in sie gesetzte Vertrauen gerechtfertigt. „Das Verhalten der CDU in dieser Angelegenheit ist Wahlkampfgetöse mit dem Holzhammer ohne Rücksicht auf Verluste!“

Thomas Röwekamp hat auf die Nachricht, dass die Elternvertreter der betroffenen Schule hinter Susanne Albrecht stehen, erklärt, dass er deren Haltung respektiere, auch wenn er persönlich eine andere Auffassung vertrete und nach wie vor finde, dass die Schule kein geeigneter Ort für die Resozialisierung sei. Offenbar hat die CDU die Forderung nach Entfernung von Susanne Albrecht aus dem Dienst klammheimlich fallen gelassen.