„Bitte, wo liegt diese Insel?“

 Mit der Polemik „Die Insel der roten Köpfe“ hat die taz einen Sturm der Entrüstung, vor allem auf taz.de, ausgelöst. Längst ist daraus eine Debatte pro und contra Helgoland geworden. Wir dokumentieren Auszüge Foto: dpa

Seit über 20 Jahren besuche ich Helgoland, und für mich bleibt es meine Lieblingsinsel. Wenn die Tagestouristen mit den Schiffen anreisen, genieße ich die Ruhe auf der Düne. Die süßen Robben sind manchmal meine einzigen Begleiter gewesen, wenn ich spät Abends meinen Rundgang um die Düne gemacht habe. Ich brauche die Ruhe, und da ist Helgolands Düne für mich richtig. Ob die Helgoländer Alkohol trinken, interessiert mich nicht. Ich bin jedenfalls immer sehr nett von den Helgoländer bedient worden. Kegelrobbe, 5. 6. 2011, 14.17 Uhr Als langjährige Bunkerführerin und Einwohnerin der Hochseeinsel Helgoland möchte ich mich zu dem besagten Artikel äußern dürfen. Die Insel ist gezeichnet von den Weltkriegen, das kann und darf man einfach nicht übersehen! Wenn Sie es so wollen, stellt die Insel Helgoland ein immerwährendes Mahnmal gegen den Krieg und für den Frieden dar. Das Schlimmste, was man in der Bewältigung von schweren Kriegserfahrungen machen kann, ist, deren Bewältigung abzulehnen. Und wenn es einem Volk gelingt, die schweren Erfahrungen beispielhaft zu bewältigen, dann ist es das Volk der Helgoländer. Ruth Köhn, Bunkerführerin, Helgoland, per Email

Wir sind immer wieder von dem Insulanergeist und von der Hilfsbereitschaft der Insulaner begeistert. Es kommen mit den Tagestouristen auch viele rote Köpfe nach Helgoland, aber was können die Insulaner dafür? Die Insel und die Gemeinde müssen von etwas leben, alleine der Fischfang reicht bestimmt nicht aus, obwohl ich mir eine Möglichkeit wünschte, frische Fische aus der Nordsee direkt am Anleger der Düne oder im Kiosk kaufen zu können. Pjatrus, 5. 6. 2011, 15.29 Uhr

Wir fahren seit Jahren hin und zelten auf Helgoland mit Kindern und ohne Alkohol. Für uns ist es toll, am Strand zu liegen und den Wind zu genießen. Die Kinder können spielen ohne Angst vor Autos oder „bösen“ Menschen. Denn auf Helgoland ist noch niemandem was passiert. Denn der Täter könnte ja auch nicht weg von der Insel. Anke, 3. 6. 2011, 15.41 Uhr Der Artikel ist eine wunderbare Werbung für die Insel. Ich hatte nie Interesse an dem Ort, aber die Beschreibung der Probleme mit den Tagestouristen und Alkohol und der Infrastruktur am Stand klingt sehr interessant. Und die Reaktionen darauf machen es noch interessanter. Sepp, 2. 6. 2011, 21.21 Uhr Ignoranten und Alkoholiker trifft man überall an, warum sollte es auf Helgoland anders sein? Keinesfalls darf man den Fehler machen, die Insel auf die Probleme der Konsumgesellschaft zu reduzieren. Unfreundliche Helgoländer? Ich kenne höchstens eine Handvoll, und denen gestehe ich schwache Nerven oder einen schlechten Tag zu. Helgo-Fan, 2. 6. 2011, 17.35 Uhr Es ist ja wohl eine Frechheit, so über eine tolle Insel zu schreiben. Die Insulaner sind freundlich und liebenswert allen Gästen gegenüber. Außerdem stimmt es nicht, dass von 7.00 Uhr an gehämmert und gelärmt wird. Sauberkeit wird hier groß geschrieben. Da könnte sich mancher Ort auf dem Festland eine Scheibe von abschneiden.  Sabine Müller, 2.6.2011, 14.26 Uhr Auch wir (Helgoländer, d. Red.) haben hier nicht immer nur Freude aneinander, aber ich bin sehr froh, an einem Ort zu leben, an dem Menschen noch auf ihre Mitmenschen achten, an dem für jeden, egal ob alkoholkrank, körperlich oder geistig eingeschränkt, zumindest in der Saison die reelle Chance auf eine Arbeit besteht und an dem man auch mit 89 Jahren nach dem Kneipenbesuch ohne Angst im Dunkeln allein nach Hause gehen kann. Sabine Nitschke, 1. 6. 2011, 23.17 Uhr Ein sehr schöner Bericht, der dazu verleitet, dieses Kaurismäki-Helgoland auch einmal zu besuchen. Melancholie, 1. 6. 2011, 22.57 Uhr Die Helgoländer Bürger machen sehr viel für Ihre Insel, um von diesem „Butterfahrten“ Image los zukommen, und haben in der Vergangenheit immer wieder für Ihre Insel kämpfen müssen. Ein solch unbedachter, in meinen Augen absolut unfundierter Artikel wirft ihnen nun wieder Stöcke zwischen die Beine. Eine Entschuldigung an die Helgoländer Bürger ist ehrlich gesagt das mindeste, was ich erwarte. C. Menges, 1. 6. 2011, 23.38 Uhr Helgoland, wunderschöner roter Kanten im riesigen Nordmeer: Du hast vom Römerdichter Tacitus bis zum „Toblerone steuerfrei“ viel gesehen über die Jahrtausende… Selbst englische Bomber konnten Dich niemals ganz versenken! Dir kann doch keiner was – abgesehen vielleicht von den ruchlosen Freizeitparkbetreiber-Naturen, die Deine Düne jetzt an die Insel andocken wollen, um dort vermutlich 3-D-Kinos, Penthäuser und Südsee-Aquarien zu stapeln. Helgoland und die Düne sind nur so lange was wert, wie sie Fünfziger-Jahre-Einöde mit zollfreien Zigarren bleiben. Ekkard Bäuerle, 1 6. 2011, 21.28 Uhr Sie mögen bitte zur Kenntnis nehmen, dass vor allem in den letzten Jahren sowohl von der Öffentlichen Hand als auch von der Inselwirtschaft erhebliche Investitionen in Infrastruktur und qualitätsverbessernde Maßnahmen getätigt wurden, die u. a. zur Konsequenz hatten, dass alleine in den letzten vier Jahren die Anzahl der urlaubenden Gäste um rund 30 Prozent (!) gesteigert werden konnte. Wir sind auch sehr optimistisch, diese Zahlen aufgrund des hohen Stammgästeanteils und des hohen Zufriedenheitsgrades der Gäste weiter steigern zu können. Klaus Furtmeier, Tourismusdirektor Helgoland, 1. 6. 2011, 17.29 Uhr Bitte, wo liegt die von Ihnen beschriebene Insel? Die Insel Helgoland, die ich schon oft 14-tägig besucht habe, kann es nicht sein. Ich kenne kein muffiges Café, keine unfreundlichen Insulaner, keinen Hotel-/Pensionsbesitzer, der mir mit zitternden Händen den Kaffee eingießt. Heli Filzen, 2. 6. 2011,13.41 Uhr Liebe taz, nicht alle Bewohner Helgolands sind empört und aufgebracht, manche freuen sich über die mehr als treffende Darstellung. Allerdings wäre es wohl unser gesellschaftliches Aus, würden wir uns outen. Die grauenhafte Architektur auf Helgoland, welche den Bewohnern jegliche Chance auf Privatsphäre nimmt, ist sicherlich ein Grund für alltägliche Aggressionen. Das soziale Ungleichgewicht aus privilegierten „Ureinwohnern“ auf der einen Seite, saisonal im Dienstleistungsbereich beschäftigtem Personal auf der anderen Seite, separiert die Bevölkerung. Von vielen Saisonkräften werden außergewöhnliche Leistungen (z. B. sechs Monate arbeiten, ohne freien Tag) erwartet. Angemessenen Wohnraum gibt es für diese Personen nicht ausreichend. Alkoholismus ist gerade auf Helgoland das Hauptproblem in der Gesellschaft. Die Auswirkungen sind überall und jederzeit auf Helgoland zu bemerken. Das kann man nicht leugnen. Wir müssen uns beeilen. Die Dampfer kommen gleich. Das heißt: Ausbooten, Ausbeuten, Einbooten. Helgoländer Happy-Hour: 1 trinken, 2 zahlen!  Gramparsons, 3. 6. 2011, 7.28 Uhr Wir sind von unserem Vermieter-Ehepaar liebevoll aufgenommen worden, wurden von den Insulanern gut versorgt, haben die Sehenswürdigkeiten der Insel in Augenschein genommen und uns sehr wohl gefühlt! Was SIE dort beschreiben, muss sich vielleicht auf einer anderen Insel abgespielt haben! Uns hat es so gut gefallen, dass wir b e s t i m m t noch mal auf die Hochseeinsel fahren werden! Elke Dettmers, 1. 6. 2011, 19.17 Uhr Naja, etwas ist schon dran an der Sache. Die alten überteuerten Zimmer im Charme der 60er gibt es leider. Und die Geschichte der 40er fand ich im „Café Krebs“ schon recht sonderbar aufbereitet, um es mal milde auszudrücken. Aber die ganze Sache mit dem Alkohol ist mir noch nie aufgefallen. Frank, 1. 6. 2011, 18.56 Uhr Mein letzter Besuch auf der Insel ist zwar schon acht Jahre her, aber es wirkte in manchen Teilen schon sehr wie ein 50er-Jahre-Museum. Es gibt viele nette Menschen an der Waterkant, aber auch Fischköpfe, da kann man nur rennen gehen. Von Servicegedanken keine Spur, leider. Rhein64geist, 1. 6. 2011, 17.37 Uhr Ich habe auf Helgoland gewohnt, solange man sich zu benehmen weiß und eben nicht wie eine Prinzessin behandelt werden möchte, kann man es dort prima aushalten. Wie würden Sie sich fühlen, wenn jeden Tag Tausende Angeschickerte vor ihrem Wohnzimmerfenster torkelnd vorbei ziehen. Wenn die Möchtegern-Vogelkundler ihnen die Beete zertrampeln, weil sie den gelben Bibo aus der Sesamstraße zu sichten meinen! Sicherlich lebt die Insel vom Tourismus, doch vielmehr leidet sie unter ihm. SpieltKeineRolle, 31. 5. 2011 16.41 Uhr