Geb-Soap-Granate

Die neue Sat.1-Serie „GSG 9“ zeigt deutschen Antiterrorkampf, kommt aber nicht einmal annähernd an das US-Vorbild „24“ heran (Sat.1, 20.15 Uhr)

VON RENÉ MARTENS

Im Herbst jährt sich zum 30. Mal die Erstürmung der Lufthansamaschine „Landshut“, die palästinensische Terroristen 1977 entführt hatten, um RAF-Gefangene freizupressen. Der geglückten Befreiung der Geiseln hat die Antiterror-Einheit GSG 9 ihren Bekanntheitsgrad zu verdanken. Da lag es nahe, 2007 eine Serie über die Elitetruppe zu zeigen. Zumal seit 9/11 der Kampf gegen den Terror ohnehin stets angesagt ist. Und dann ist da ja noch das Renommee der Antiterrorkampf-Serie „24“.

In den USA hat die Sendung einen derartigen Einfluss, dass schon mal hochrangige Mitarbeiter von Armee und FBI bei den Produzenten aufkreuzen, um ihnen klarzumachen, dass die Erzwingung von Ermittlungsergebnissen durch Folter einen unguten Einfluss auf die Soldaten unter den Serienfans habe.

So viele Gedanken werden sich hiesige Terrorexperten über die Serie „GSG 9“, die heute bei Sat.1 startet, kaum machen. Angesichts der Qualitätsunterschiede zwischen amerikanischen und deutschen Serien drängt sich der Gedanke auf, „GSG 9“ sei „24“ für Arme – das wäre aber zu hoch gegriffen. „24“-Atmosphäre kommt nur in den Szenen aus dem Berliner Lagezentrum auf, wenn die Computerexpertin Petra (Florentine Lahme) Informationen aus ihren Geräten zaubert. Die Terroristen, mit denen es die TV-Elitejungs zu tun haben, nehmen beispielsweise in einem Hotel amerikanische Schwimmerinnen als Geiseln – dabei soll der Zuschauer an das Attentat während der Olympischen Spiele von 1972 denken.

Als Grundproblem erweist sich, dass die Kreativlinge hinter „GSG 9“ (Regie: Hans-Günther Bücking; Drehbuch: Helmut Schweiker, Ulf Tschauder) sich nicht auf Krimielemente beschränken mochten und sich stattdessen noch viel Privatfirlefanz ausdachten. Der erste krasse Tiefpunkt: eine Parallelmontage am Ende der Auftaktfolge. Truppenführer Geb (Marc Ben Puch) ist in Lebensgefahr, weil eine der Schwimmerinnen eine Granate am Körper hat, die er entschärfen muss. Währenddessen gerät zu Hause seine Frau in Panik, weil das Asthma-Medikament der Tochter nicht auffindbar ist.

Später geht die einsame Bullenfrau dann mit einem türkischen Anwalt fremd. Der ist, so viel Soap-Kompatibilität muss sein, der Bruder von Gebs bestem Freund Demir (Bülent Sharif), der auch beim Antiterrorkampf mittut. Doch den triebgesteuerten Juristen ereilt die gerechte Strafe bald, denn ein GSG-9-Mann weiß, was Ehre heißt. Und so verkloppt Demir, der gute Türke, den nicht so guten Türken in dessen Friedrichstraßen-Kanzlei.

In Folge 3 wird Gebs privater Konflikt parallel geführt mit einem anderen Eheproblem: Ein heiliger Krieger aus Algerien hat seine Frau jahrelang getäuscht. Der Schurke ist die Ehe nur eingegangen, um den Dschihad nach Schöneberg zu tragen. Immerhin: U2, in der ersten Folge mit zwei Songs zu hören, nerven nicht mehr. Und die Actionszenen kann man nebenbei laufen lassen, ohne dass sie stören.

Ab nächster Woche läuft „GSG 9“ immer mittwochs um 21.15 Uhr