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Archiv-Artikel

Gut vernetzter Berater

Kanzlerin Angela Merkel hat einen neuen Wirtschaftsberater: Lars-Hendrik Röller. Der 52-Jährige steigt damit zu einem der mächtigsten Männer in der Regierung auf, obwohl er offiziell nur ein Abteilungsleiter im Kanzleramt ist. Doch tatsächlich wird Röller sehr starken Einfluss auf die internationale Wirtschaftspolitik Deutschlands nehmen: Als „Sherpa“ wird er für die Kanzlerin die G-8- und G-20-Gipfel vorbereiten.

Röller tritt die Nachfolge von Jens Weidmann an, der Ende April zum Chef der Bundesbank aufstieg. Wie schon Weidmann kommt auch Röller von außen: Seit 2006 hat er die European School of Management and Technology (ESTM) in Berlin geleitet, die 2002 von der deutschen Industrie gegründet wurde.

Röller hat an der University of Pennsylvania promoviert und war von 2003 bis 2006 der erste Chefökonom des EU-Kommissars für Wettbewerb in Brüssel. Der dreifache Vater war zudem von 1994 bis 2007 Direktor des Instituts für „Wettbewerbsfähigkeit und industriellen Wandel“ am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Seit 1995 ist er Professor an der Humboldt-Universität und leitet das dortige Institut für Industrieökonomik.

Wie schon Röllers Lebenslauf deutlich macht, ist er eher ein Betriebs- denn ein Volkswirt. Zudem hat er keinerlei Kenntnisse über die Finanzmärkte vorzuweisen. Gerade die Eurokrise und die Bankenregulierung dürften aber sein Arbeitsschwerpunkt im Kanzleramt sein.

Es ist daher überraschend, dass sich Merkel für Röller entschieden hat. „Die Bundeskanzlerin kennt und schätzt die Arbeit und die Persönlichkeit aus mancherlei Begegnung aus den letzten Jahren“, hieß es zur Begründung. Zudem sei Röller international sehr erfahren und ein exzellenter Kenner der Europäischen Union. Zweifellos verfügt der Neue über gute internationale Kontakte: Er ist Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik, des größten Verbands von deutschsprachigen Wirtschaftswissenschaftlern. Zudem gehört er dem Vorstand der Brüsseler Denkfabrik Breugel an und forscht am Centre for Economic Policy Research (London). Röller tritt sein neues Amt am 1. Juli an.

ULRIKE HERRMANN