SOUNDTRACK

Die aus Portland stammenden The Estranged sind ein Beispiel dafür, dass nicht alle Vertreter des Hardcore-Genres irgendwann aufhören mit ihrem Lärm, um sich zum Beispiel einen Bart wachsen zu lassen und mit Holzfällerhemd und Akustikgitarre gebrochen-nachdenkliche Männlichkeit unter die Leute zu bringen. Auch andere, zumal kollektive Lösungen, sind denk- und machbar. Und so zum Beispiel ist aus einer Gruppe von wüsten Crust- und Hardcore-Punkern und dergleichen eine Band entstanden, die sich – jetzt mal rein altersmäßig gesehen – auch aus deren Eltern hätte rekrutieren können. Hier verbinden sich jedenfalls die Rauheit der frühen Joy Division, noch als Warsaw, mit der Straightness und Gitarrenarbeit der Wipers und der monotonen Düsterkeit früher englischer Bands wie The Mob zu einem an Mitreißfaktoren und verzweifelten Hits nicht eben armen Feuerwerk, in Schwarz-Weiß natürlich. Do, 9. 6., 21 Uhr, Hafenklang, Große Elbstraße 84

An Duos mögen viele, dass sie im Gegensatz zu Bands auch auf der Klaviatur der leisen Töne und Intimitäten spielen können. Richtig gerne hat man sie, wenn sie ihre Limitierungen zuweilen auch wieder abwerfen und loslärmen, als wären sie doch mehr als ein Duo. Sind Wye Oak aber nicht! Getragen von einem oft schlunzigen Schlagzeug, das Drummer Andy Stack parallel zu seinem Keyboard bedient (oder anders herum) greift dieses Paar auf E- und Akustikgitarre, vor allem aber auf den wunderbaren Gesang von Jenn Wasner zurück. Irgendwo in der Mitte, nämlich als weniger schmachtend-hymnischer Weggefährte von Mates of State, als eingängige Fiery Furnaces und manchmal auch als lebendigere und von Noise-Rock ordentlich abgeküsste Version von Cat Power empfehlen sich Wye Oak so als nächste kleine Perle des freakigen Teils der Indierock-Szenerie. Do, 9. 6., 20 Uhr, Molotow, Spielbudenplatz 5

Sicher nicht, weil ihm Die Sterne zum Hals raushingen, sondern weil auch das rausmuss, was in der Schublade „Nicht für Band geeignet“ landet, hat Frank Spilker vielleicht 2007 die Frank Spilker Gruppe ins Leben gerufen, um eine Art von Indiepop zu herzustellen, die für die „Hauptband“ zu zurückgelehnt und abgespeckt ist, sich umso besser aber entfaltet, wenn sie auf einen Einzigen – in diesem Fall Mann – zugeschnitten wird. Herr Spilker gehört zur Gruppe der guten Gewissen der hiesigen deutschsprachigen Popmusik, unzählige Zeilen zum Merken gehen auf ihn zurück und das Schöne ist: auch die Zeilen, die man vergisst, gaukeln nicht einfach nur Tiefgang vor. Das ist hier nicht grundlegend anders, allerdings sind Kratzigkeit und Zerrissenheit nun vielleicht in diesem Projekt nicht unbedingt die am meisten hervorstechenden Grundhaltungen, eher Abgeklärtheit und Lakonik. Aber das Ganze verpackt der Mann in freundliche, kleine Popsongs, die man sich gerne vor allem: anschaut. Fr, 10. 6., 20 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66

Viele Leute, so Funny van Dannen, gehen davon aus, dass es im Kampf des Bösen gegen das Gute derzeit unentschieden steht. Dass man sich an dieser doch eher hoffnungsvoll stimmenden Einschätzung festhalten kann, ist sicher mit auch ein Verdienst eines Mannes, der in dieser Stadt rastlos kulturelle und politische Subversion fordert und unter subordinierten Künstlerinnen und Künstlern Gemeinschaft stiftet, wo es nur geht. Das Motto, das wohl jedes Kind der Stadt mittlerweile im Schlaf aufsagen kann: „Move your ass and your mind will follow“ fasst in diesem Sinne die Programmatik von Knarf Rellöm aka King Fehler treffend zusammen und hebt sich wohltuend von doofer Heiterkeit und verbiesterter Ernsthaftigkeit ab. Begleitet von Pascal Fuhlbrügge, noch so ein Teil des guten Gewissens, und DJane Ratkat geht es an diesem Abend zwischen aufgelegten Platten und Gesangseinlagen auf elektronischer Tanzmusik zum Beispiel schnurstracks „zurück zum Beton“, wo dann, das Gute muss auch mal wieder einen Punktsieg landen, alles wieder ganz von vorne anfängt. (Hausbesetzungen, Punk etc.) Sa, 11. 6., 21.30 Uhr, Frappant @ Viktoria Kaserne, Zeiseweg 9 NILS SCHUHMACHER