Massensterben am Strand

EPIDEMIE Binnen weniger Tage sind an Schleswig-Holsteins Nordseeküste 150 Seehunde verendet. Als Ursache wird ein Virus vermutet. Tierschützer befürchten tausende toter Tiere

An Schleswig-Holsteins Nordseeküste werden zurzeit täglich tote und schwer kranke Seehunde gefunden. „Seit Anfang Oktober sind insgesamt rund 150 tote Tiere entdeckt worden“, sagte der Sprecher des Nationalparkamtes Wattenmeer, Hendrik Brunckhorst, gestern in Husum. Totfunde habe es bislang an den Küsten der Inseln Helgoland, Amrum, Föhr und Sylt gegeben. Tierschützer befürchten deshalb nun ein Massensterben der Meeressäuger.

In Büsum untersuchten Experten der Tierärztlichen Hochschule Hannover, ob Staupe- oder Influenzaviren eine Rolle spielen. Letztere waren für die dänische Ostseeinsel Anholt nachgewiesen worden, wo seit August rund 200 von insgesamt 1.500 dort lebenden Seehunden tot entdeckt worden sind. Erste Ergebnisse werden im Laufe der Woche erwartet.

Alles ruhig in Niedersachsen

An den Küsten in Niedersachsen gibt es derweil keine Anzeichen für ein Seehund-Sterben. Die Zahl der toten Tiere liege im normalen Bereich, sagte eine Sprecherin des Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg.

Bei zwei großen Ausbrüchen der Seehundstaupe hatten Experten in der Vergangenheit ein Massensterben an den Küsten von Nord- und Ostsee beobachtet. 1988 verendeten rund 18.000 Seehunde, 2002 dann fast 22.000 tote Tiere.

Sorgen um den Seehund-Bestand an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste hat Britta Diederichs vom Nationalparkamt in Tönning deshalb aber nicht. Aktuell leben dort schätzungsweise 12.000 Seehunde. „Der Seehundbestand ist in den vergangenen Jahren beständig gewachsen“, sagt Diederichs. Die Epidemie sei „eine normale Entwicklung in solchen Beständen. Starke Tiere werden das überstehen, andere Tiere leider nicht.“

Das Staupe-Virus verbreitet sich an den Liegeplätzen der Seehunde. Bei einem Ausbruch wird das Immunsystem geschwächt. Überlebende Tiere bilden Antikörper und sind danach für einige Zeit immun. Die Abwehrkräfte lassen jedoch mit jedem Jahr nach.  (dpa)