Schwesig: „Unverschämtheit“

DIVERSITY Schon 2015 soll in kleineren Betrieben die Frauenquote gelten: So steht es im Koalitionsvertrag. Doch nun stellt die Union Bedingungen

BERLIN taz | Die Union will die Einführung der Frauenquote an Entlastungen für die Wirtschaft koppeln. Das sagte am Dienstag der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, Michael Grosse-Brömer: „Wir fänden es gut, wenn das verbunden ist mit einem wirtschaftspolitischen Entlastungsprogramm.“ Entsprechende Vorschläge erwarte seine Fraktion von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD).

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt erklärte, sie sehe das genauso. Die Frauenquote werde eine Belastung „für Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten von Unternehmen“.

SPD und Union haben im Koalitionsvertrag eine verbindliche Frauenquote festgeschrieben. Börsennotierte und voll mitbestimmungspflichtige Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten sollen ab 2016 verpflichtet werden, 30 Prozent der Aufsichtsratssitze mit Frauen zu besetzen.

Schon ab 2015 soll die Quote für kleinere Betriebe kommen: 3.500 Firmen mit 500 bis 2.000 Beschäftigten sollen dann selbst festlegen, wie groß ihr Frauenanteil in Aufsichtsräten, Vorständen sein soll. Er darf aber nicht hinter den bestehenden Anteil zurückfallen. Diese „Zielvorgaben“ sollen die Unternehmen veröffentlichen. Das Ganze ist ein Kompromiss: ein Mix aus starrer Quote für wenige große Unternehmen und einer „Flexiquote“ für kleinere Firmen.

Nun steuert die Unionsfraktion im Bundestag kalkuliert gegen. Zwar wird die Quote kommen, aber vielleicht lässt sie sich verzögern und dann noch mit Entlastungen versüßen. Schließlich haben die Sozis schon die Rente mit 67 und den Mindestlohn durchgesetzt.

Was genau die Union unter Entlastungen versteht, blieb wolkig. CDU-Mann Grosse-Brömer sprach von Hilfen für Unternehmensgründer, etwa durch die Verringerung von Bürokratie. CSU-Frau Hasselfeldt erwähnte Steuererleichterungen. Auch bei den geplanten Änderungen bei Werk- und Zeitverträgen müsse noch mal geschaut werden, „ob das wirklich so zwingend ist“.

Bei der SPD ist man einigermaßen erstaunt. Sönke Rix, geschlechterpolitischer Sprecher, sagte der taz: „Ich wusste gar nicht, dass Maßnahmen, die wir bereits im Koalitionsvertrag vereinbart haben, jetzt als umstritten gelten.“ Es sei richtig, über Entlastungen für die Wirtschaft zu diskutieren, „aber das jetzt gegen ein gemeinsam vereinbartes Projekt zu setzen, halte ich nicht für fair.“ Empört reagierte SPD-Frauenministerin Manuela Schwesig. „Es ist eine Unverschämtheit, wenn Frauen in Führungspositionen als Belastung für die Wirtschaft dargestellt werden“, sagte sie. Studien hätten gezeigt, dass gemischte Teams effektiver und erfolgreicher arbeiteten. ANJA MAIER