Wo die SPD verloren hat

In den traditionellen Arbeitervierteln war die Wahlbeteiligung gering, der Stimmanteil der SPD sank nur wenig. Bis zu zehn Prozent verloren hat die SPD in eher intellektuellen großstädtischen Milieus

VON KLAUS WOLSCHNER

Die SPD hat bei den Wahlen fünf Prozentpunkte verloren, weil sie ihre sozialpolitisches Profil nicht hinreichend herausgestellt hat. Das ist eine, insbesondere auch bei der SPD selbst, verbreitete These – vor allem, weil die Schlussfolgerung so gut in die Tradition passt. Die Wähleranalyse bestätigt die Hypothese allerdings nicht: Im Stadtteil Osterholz oder in der Vahr hat die SPD nur sehr wenig verloren, im Stimmbezirk Blockdiek legte sie sogar von 45 auf 48 Prozent zu, in den Stimmbezirken der Neuen Vahr auch. In ihren Hochburgen hat die SPD einen Großteil ihrer Stammwählerschaft mobilisieren können, obwohl da auch die Linkspartei rund acht Prozent geholt hat. Dramatisch verloren hat die SPD, das zeigt die Wahlanalyse, in Stadtteilen wie Schwachhausen und in Innenstadtbezirken, in denen Henning Scherf vor vier Jahren gewonnen hatte.

Das Ergebnis: Im Ostertor kommen die Grünen auf 41 Prozent, die SPD sackte von 36 auf 24 Prozent ab, die CDU von 15 auf 14 Prozent. Im ganzen Stadtteil „Östliche Vorstadt“ mit 22.000 Wahlberechtigten kommen die Grünen auf 37 Prozent, die SPD sackt von 38 auf 27 Prozent ab und die CDU von 17 auf 14 Prozent. Das sind die Stadtbezirke, in denen auch die Linkspartei auf überdurchschnittliche 12 Prozent und mehr kommt.

Drastisch verloren hat die SPD auch im Zählbezirk Schwachhausen (von 30 auf 20 Prozent) oder in der Gete (33 auf 25 Prozent). Die CDU wiederum hat in den angestammten SPD-Hochburgen verloren: In den Wahlbezirken, die von Großsiedlungen geprägt sind, sogar von 39,5 Prozent im Jahre 1999 auf 32,4 Prozent in 2003 und nun 26,6 Prozent. In den „traditionellen bürgerlichen Vierteln“ war die CDU schon zwischen 1999 und 2005 von 52 Prozent auf 40 Prozent abgesackt und landete jetzt weich bei 38,4 Prozent.

Die politische Landkarte Bremens lässt sich grob so beschreiben: In der City dominiert das Grün, Richtung Schwachhausen-Oberneuland hat die CDU ihre Hochburgen, aber auch die Grünen kommen auf gute Ergebnisse. Das sind auch die Gegenden mit einer Wahlbeteiligung von bis zu 70 Prozent. Unter 50 Prozent lag dagegen die Wahlbeteiligung in Stimmbezirken mit Großwohnanlagen wie Tenever, Blockdiek, Burgdamm und Lüssum-Bockhorn.

Während in den Stammbezirken der CDU auch die Grünen und die FDP gute Ergebnisse erzielten, konnte die Linke offenbar auf zwei Beinen in den Landtag gehen: In bildungsbürgerlich geprägten Stadtvierteln kam die Linke auf zweistellige Ergebnisse, in einigen der SPD-Hochburgen und Arbeitervierteln konnte die Linke aber auch Punkten, während die Grünen hier traditionell ihre größten Einbrüche haben.

Die Neustadt gehört nach der groben Einteilung Bremens zum City-Bereich: Die SPD hat zehn Prozent verloren, bleibt aber mit 35,1 Prozent flächendeckend stärkste Partei. Zweitstärkste Partei sind die Grünen mit 25,4 Prozent – sie haben in der Neustadt fünf Prozent gewonnen, obwohl daneben die Linke 12 Prozent erreichen konnte. Die CDU verlor drei Punkte und landete bei 18 Prozent.

Erst weiter draußen am Rand der Stadt ist Bremen wieder so, wie es früher einmal war, etwa in Arsten (SPD 44 Prozent, CDU 28, Grüne 10, FDP 4,6, Linke 6) oder in Huchting (SPD 42 Prozent, CDU 27, Grüne 9,5, FDP 5,4, Linke 8,1).

Aufgrund der leicht gesunkenen Wahlbeteiligung ist auch ein Blick auf die absoluten Zahlen interessant: Die SPD war im Jahre 2003 auf 123.480 Stimmen gekommen und hat jetzt nur noch 101.664 Stimmen in der Stadt Bremen erhalten. Ähnliches bei der CDU: Sie sank von 86.619 auf 70.845 Stimmen. Nicht nur prozentual, sondern auch absolut gewonnen haben die Grünen – von 37.350 auf 45.346 Stimmen.