Künftig nur noch Sakro-Pop

Weil das Kirchentagsbüro in das alte Postamt am Bahnhof einzieht, verlieren gut 100 Musikprojekte ihre Proberäume. Alternativen sind nicht in Sicht, einige MusikerInnen indes existenziell bedroht

von Jan Zier

In das alte Postamt am Hauptbahnhof zieht die Geschäftsstelle des Evangelischen Kirchentages ein, der 2009 in Bremen stattfindet. Gut 100 Projekte von rund 300 KünstlerInnen aus der freien Musikszene stehen deshalb bald ohne Proberäume da. Einige von ihnen sind durch ihre Kündigung zum 30. Juni existenziell akut bedroht. „Das ist ein Tiefschlag für die Bremer Musikkultur“, sagt Lars Friedrichs von der Band Tekfu.

Zum 1. September wird das Kirchentagsbüro zwar zunächst nur mit einem zehnköpfigen Büro einziehen, sagt Hartwig Bodmann, Geschäftsführer des Kirchentages. Doch das ist erst der Anfang – der neue Mietvertrag läuft insgesamt 28 Monate, bis Ende 2009. Weite Teile des ersten und zweiten Obergeschosses im alten Postamt werden im Lauf der Zeit vom Kirchentag vereinnahmt.

Bodmann spricht von insgesamt gut 100 MitarbeiterInnen auf 2.000 Quadratmetern Bürofläche, zuzüglich 1.000 Quadratmetern an Lagerräumen. Welchen Preis der Eigentümer – die Münchner „Be We Center GmbH“ – dafür verlangt, mochte Bodmann nicht sagen. Nur so viel steht fest: Die in Aussicht genommene Alternative in der Überseestadt war Bodmann „zu teuer“. Dass er dadurch die lokale Musikszene verdrängen würde, sei ihm nicht bewusst gewesen, so Bodmann.

Proberäume für MusikerInnen sind in Bremen seit längerem Mangelware. „Es stehen in der Stadt so gut wie keine freien Flächen zur Verfügung“, sagt Christian Plep, der als selbständiger Percussionist jetzt seine Unterrichtsräume verliert. „Das trifft mich existenziell.“ Ähnlich geht es auch Edith Diewald, die mit zwei Kolleginnen im alten Postamt seit fast zwei Jahren ein Trommelstudio betreibt und Workshops anbietet.

Aus den 18 Bremer Bunkern, die früher schall- und preisgünstige Proberäume waren, sind die MusikerInnen zumeist schon im Jahr 2000 vertrieben worden – des Brandschutzes wegen. Und im Güterbahnhof wurden im April rund 100 zum guten Teil professionelle MusikerInnen Opfer eines gigantischen Wasserschadens durch einen Mauerbruch bei Hans Kresniks „Amerika“-Inszenierung. Rund drei Viertel der professionellen Pop-, Rock-, Jazz- und Elektroszene proben seit einigen Jahren im Güterbahnhof.

Zwar sind die über 20 Räume dort seit kurzem „wieder nutzbar“, sagt Gitarrist Peter Apel vom „Verein 23“, einer der Hauptbetroffenen. Platz für weitere Musikschaffende aus dem benachbarten Postamt sieht Apel jedoch kaum: Die vorhandenen Räume seien zum Teil bereits mit sechs Bands belegt.

Unterdessen bot die Kulturbehörde den Betroffenen gestern seine Hilfe an. Man werde jetzt ausloten, welche Möglichkeiten der Unterstützung bestünden, sagte Ressortsprecher Florian Kruse. Interimslösungen würden geprüft, verspricht Kruse, Gespräche mit den KünstlerInnen nehme man gerne auf.