Hongkongs Polizei misshandelt Demonstranten

CHINA Hongkonger Aktivisten werden angegriffen, ein Oppositionspolitiker wird zusammengetreten

AUS PEKING FELIX LEE

Bis vor kurzem noch hat Hongkongs Polizei einen ausgezeichneten Ruf genossen. Ihre Beamten galten als freundlich, die Aufklärungsquote bei Verbrechen liegt seit Jahren bei über 70 Prozent. Als „Asia’s Finest“ wurde sie gefeiert. Doch schon nach dem Tränengaseinsatz am ersten Tag der Blockaden der Demokratie-Aktivisten vor zwei Wochen kamen bei vielen Zweifel auf, ob dieses Image noch gerechtfertigt ist. Nun dürfte Hongkongs Polizei ihren Ruf noch mehr ramponiert haben.

Ein Video zeigt, wie ein Polizist in der Nacht zu Mittwoch einen schon gefesselten Demonstranten brutal zu Boden schlägt. Mindestens drei weitere Beamte treten dann auf den Mann ein. Der Hongkonger Sender TVB veröffentlichte diese Aufnahmen. Wie sich herausstellt, ist der misshandelte Demonstrant Ken Tsang, ein Mitglied der demokratischen Bürgerpartei. Bilder von Tsang im Krankenhaus zeigen ihn übersät mit Schwellungen und Blutergüssen.

Die Empörung über diesen Übergriff ist groß. Die Hongkonger Sektion der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) spricht von einem „bösartigen Übergriff“. „Bei dem Gedanken daran, dass einige Polizisten in Hongkong meinen, sie stünden über dem Gesetz, dreht sich einem der Magen um“, sagte AI-Direktorin Mabel Au. Hongkongs Sicherheitschef versprach eine „genaue und faire Untersuchung“. Die beteiligten Beamten habe er inzwischen von ihren Aufgaben entbunden.

Vor diesem Übergriff ist es am Dienstagabend zu den bislang gewalttätigsten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei seit dem Tränengaseinsatz zu Beginn der Blockaden vor 16 Tagen gekommen. Polizisten hatten damit begonnen, einige der seit zwei Wochen blockierten Straßen zu räumen und sie wieder für den Verkehr freizugeben. Darauf blockierten Dutzende Demonstranten spontan einen Tunnel, um ihren Protest für mehr Demokratie in der südchinesischen Sonderverwaltungszone und „wirklich freie Wahlen ab 2017“ fortzusetzen.

Bei der Räumung setzte die Polizei Pfefferspray und Gummiknüppel ein. Die Aktivisten spannten zur Abwehr Regenschirme auf, 45 Menschen wurden festgenommen. Die Demokratie-Aktivisten beklagten „mehrere Dutzend“ Verletzte.

Bei der Kundgebung am Mittwochabend, zu der erstmals seit Tagen wieder mehrere zehntausend Demonstranten vor dem Hauptsitz der Hongkonger Regierung erschienen, sagte der 17-jährige Studentenführer Joshua Wong: „Nun hat die Polizei das Vertrauen völlig verspielt.“