Der Erbprinz von der Weser

13Jahre, 535 Spiele, 101 Tore, aber keine einzige rote Karte. Für verdeckte Fouls war Marco Bode bei Werder Bremen nie bekannt. Er war Musterprofi, Nationalspieler und Philosophiestudent, niemals jedoch Intrigant. Dennoch ist der 45-Jährige Nutznießer der öffentlichen Demontage von Willi Lemke. Bode wird damit jüngster Aufsichtsratsboss der Liga.

Es passt zur fairen Einstellung von Werders Rekordtorschützen, dass er in dem Machtkampf passiv blieb. In den Mittelpunkt der Frischzellenkur rückte das bisherige Aufsichtsratsmitglied Bode nur, weil er im Gegensatz zum Sparfuchs Lemke bereit ist, die zuletzt von der Vereinsführung geforderten finanziellen Risiken einzugehen. Lieber Miese als Absteigen, so das keynessche Motto des verschuldeten Klubs.

Werders prekäre Tabellensituation beschleunigte die Wachablösung, die schließlich innerhalb einer Woche ablief: Nach öffentlicher Kritik und Rücktrittsforderungen an Lemke tütete Werder einen Millionen-Deal mit dem Sportvermarkter „Infront“ ein. Dessen Vorstand und Grüßaugust Günther Netzer sprach sich schließlich in gnadenloser Kompetenzüberschreitung für Bode als Aufsichtsratsvorsitzenden aus. Lemke stand vor vollendeten Tatsachen. Ungewohnt blutleer schlug er die gleiche Richtung ein und knüpfte seinen baldigen Rücktritt an die Bedingung: Marco Bode muss es machen.

Der musste nur noch „Ja“ sagen und darf sich vorkommen wie ein Erbprinz. Geliebt von den Fans, umschmeichelt von den Experten: „Hochintelligent, hocheloquent, ein charakterlich einwandfreier Junge“, lobhudelte Netzer. „Marco ist ein großartiger Werderaner“, verlautbarte die Geschäftsführung. „Es ist ein guter Zeitpunkt, mehr Verantwortung für Werder zu übernehmen“, findet Bode.

Privat ist Bode ein passionierter Schachspieler. Stolz ist er auf eine langwierige Online-Partie gegen Schach-Genie Garri Kasparow. Verloren hat er trotzdem. Seine Aufgabe bei Werder ist nicht einfacher.  GARETH JOSWIG