Will nicht enttäuschen

AUS PARIS RUDOLF BALMER

In feierlichen Momenten zählen Gesten mehr als Worte. Alle französischen Zeitungen zierte gestern das Foto von Nicolas Sarkozy, der auf dem roten Teppich vor dem Élysée-Palast seinem in einer Limousine in den Ruhestand davonfahrenden Vorgänger Jacques Chirac nachwinkt.

Das war bestimmt der Augenblick, von dem der 52-jährige Sarkozy lange geträumt hatte. „Und nicht nur am Morgen beim Rasieren“, wie er zugab. In einer kurzen Ansprache sagte der neue Präsident, er habe angesichts der Erwartungen der Nation, „kein Recht zu enttäuschen“. Er sei „bereit, mit allen zu arbeiten, die ihrem Land dienen wollen“.

Für die Kameras posierte die Patchwork-Familie Sarkozy mit dem gemeinsamen zehnjährigen Sohn Louis, den beiden Töchtern aus Cécilia Sarkozys erster Ehe und den beiden Söhnen von Nicolas. Nicht lange konnte der neue Präsident diese Minuten genießen. Er hatte offizielle Pflichten unter dem Triumphbogen, wo er die Flamme für den unbekannten Soldaten entfachen und Kriegsveteranen die Hand schütteln musste. Zum Entsetzen der Leibwächter ging er dann zu den Absperrungen, um auch seine jubelnden Anhänger zu begrüßen.

Eine weitere persönliche Note waren die Kranzniederlegungen vor den Statuen der Präsidenten Clémenceau und de Gaulle sowie eine Gedenkfeier im Bois de Boulogne für 35 junge Widerstandskämpfer, die dort im August 1944, kurz vor der Befreiung von Paris, von der Gestapo füsiliert worden waren. Sarkozy würdigte in seiner Rede das Engagement dieser Jungen, „die Frankreich so sehr liebten, dass sie bereit waren, ihr Leben zu opfern“, als Vorbild für die Jugend von heute.

Gleich danach flog der neue Staatschef nach Berlin, um mit der deutschen Kanzlerin und derzeitigen EU-Ratsvorsitzenden Angela Merkel über die Zukunft der europäischen Institutionen zu diskutieren.

Gestern ernannte Sarkozy den 53-jährigen François Fillon zu seinem Premierminister. Bei der Amtsübergabe vor dem Matignon-Regierungspalast zollte dieser dem Vorgänger Dominique de Villepin seine Anerkennung für „seinen Stil und sein Engagement“. Er werde alle Verpflichtungen der bisherigen Regierung einhalten, präzisierte aber, er komme mit dem Auftrag, „eine neue Politik“ zu einzuführen. Am heutigen Freitag soll die definitive Zusammensetzung der Regierung bekannt werden.

In diesem, den Gerüchten zufolge aus acht Männern und sechs Frauen bestehenden Kabinett soll der ehemalige Premier Alain Juppé die Nummer zwei als Staatsminister für Umwelt, dauerhafte Entwicklung, Energie und Verkehr werden. Der frühere UNO-Gouverneur im Kosovo und Gründer der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“, Bernard Kouchner, hat dem Vernehmen nach den Posten des Außenministers trotz der Proteste seiner sozialistischen Parteikollegen angenommen. Was in einigen Kommentaren als großmütige Geste der Bereitschaft zu einer politischen Öffnung der Konservativen interpretiert wurde, betrachtet die französische Linke als Versuch der Destabilisierung der Opposition vor den Parlamentswahlen im Juni.