Shitstorm in der City West

HOHE HOCHHAUSPLÄNE

Der Mega-Tower erinnere an Manhattan-Visionen aus Zeiten vor 89, sagen Kritiker

Wenn hohe Häuser mitten in Berlin hohe Wellen schlagen, liegt das in der Natur der Sache. Wolkenkratzer sind Pathosformeln wirtschaftlicher Macht, gebautes Kapital passt nicht allen. Mehr noch bilden Hochhäuser die Ausnahmen in der Berlin-Silhouette: Die Stadtstruktur ist Fläche und Weite, nicht Dichte und Höhe wie in New York oder Schanghai.

Warum sich der Entwurf für einen 209 Meter hohen Wolkenkratzer am Bahnhof Zoologischer Garten seit seiner Präsentation Anfang dieser Woche einem regelrechten Shitstorm ausgesetzt sieht, hat jedoch noch andere Gründe. Nicht für alle ist der Entwurf des Towers selbst verantwortlich. Sondern die üblichen Verdächtigen.

Mit viel PR-Getöse hatte die Arbeitsgemeinschaft (AG) City West vorgeschlagen, am nördlichen Ende des Hardenbergplatzes ein 52-stöckiges Hotel-, Büro- und Wohnhochhaus zu errichten. Den Plan für den gläsernen Turm mit politisch korrekten „begrünten Balkon-Terrassen“ lieferte der Architekt Christoph Langhof. Mit dem Argument, wo genügend Platz ist und wo bereits Hochhäuser stehen – gemeint sind das Waldorf Astoria und das in Bau befindliche Upper West am benachbarten Breitscheidplatz –, kann ein weiteres nicht schaden, hatten Langhof und die City AG ihren Vorstoß begründet. Jetzt suchen sie einen Investor.

Zu Recht hagelt es seither Kritik von der Senatsbaudirektorin und dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf: Der Mega-Tower erinnere an längst vergangene Manhattan-Visionen aus Zeiten vor dem Mauerfall. Er sei also retro, die Höhe obszön. Für den Standort am Hardenbergplatz existiere kein Baurecht, und das sandige Erdreich halte dort zudem nicht. Fazit: AG City West und Langhof, vergesst euren PR-Tower!

Dass ein privater Interessenverband samt Architekt einfach sein 200-Meter-Projekt in Berlin hinknallen kann, wo es ihm passt, ist sicher ärgerlich. Aber bedenklicher ist, dass die Bauverwaltung es versäumt hat, „für die Stadt ein Hochhauskonzept vorzulegen“, wie die Architektenkammer dagegenhält. Was stimmt.

Das planerische Vakuum hat es erst möglich gemacht, dass der Entwurf am Hardenbergplatz aus dem Boden wachsen konnte. Habt ihr geschlafen – trotz der Hochhauspläne für den Alexanderplatz, für Neukölln, Steglitz und in Charlottenburg – fragt man da wieder mal die Bauverwaltung? ROLF LAUTENSCHLÄGER