Der erste E-Book-König

NOTIZBUCH Der Verleger Stefan Lübbe wollte mehr als Jerry Cotton

Als am vergangenen Montag der 57-jährige Verleger und Mehrheitsaktionär der Kölner Bastei Lübbe AG, Stefan Lübbe, starb, war allerorten zu lesen, dass er sein Geld vor allem mit Groschenheften und literarisch anspruchslosen Bestellern mache. Und ja, der Lübbe-Verlag, der vor einigen Jahren von Bergisch-Gladbach nach Köln umzog und 2013 an die Börse ging, machte sein Geld lange Jahre vornehmlich mit Jerry-Cotton-Heften und billigen Schmonzetten.

„Er ist wieder da“

Doch Stefan Lübbe wollte und konnte mehr, er übernahm nach dem Tod des Vaters die Unternehmensführung, kaufte von seiner Mutter und seiner Schwester alle weiteren Unternehmensanteile und vergrößerte den Familienbetrieb mit Verve und Rücksichtslosigkeit. Der „Bestseller-König“, wie ihn die Welt nannte, beließ es allerdings nicht beim bisherigen Programm. 2008 erwarb er den Kinderbuchverlag Baumhaus, kurz darauf auch den Boje Verlag und 2011 schließlich Eichborn (ohne „Die andere Bibliothek“).

Wenn Ihre Kinder also heute „Gregs Tagebuch“ lesen oder Sie selbst in Neil Gaimans „Ozean am Ende der Straße“ oder in Timur Vermes’ „Er ist wieder da“ schmökern, so halten Sie Titel aus der Lübbe-Gruppe in Händen. Konsequent hielt der Verlag dabei als mittelständisches Unternehmen mit großen Konzernen wie Bertelsmann oder Holtzbrink mit, genau wurde darauf geachtet, dass man sich die Rechte an Bestsellern früh sicherte und der Vertrieb konkurrenzfähig blieb. Schöne Literatur störte dabei eher.

Traditionelles Buchhändlerdenken auch. Lübbe baute die Digitalabteilung seiner Verlagsgruppe bereits zu einem Zeitpunkt auf, als andere noch glaubten, das E-Book werde sich nie durchsetzen. Inzwischen ist diese Abteilung von ansehnlicher Größe und wird von den Kolleginnen und Kollegen bewundert. Der „Bestseller-König“ war auch der Zukunft zugewandt. Nun kann er diese nicht mehr selbst erleben. JÖRG SUNDERMEIER