taz-serie „wie retten sie die welt?“ heute: sozialarbeiterin gabriele kulk
: „Das will ich: ein Lebensgefühl ohne Blechlawinen“

Der G-8-Gipfel rückt näher. Die Mächtigen der Welt treffen sich Anfang Juni im zur Festung ausgebauten Heiligendamm, um zu besprechen, wie es mit unserem Erdball weitergehen soll. Antworten, das ist jetzt schon klar, werden Sie nicht finden. Sie brauchen Nachhilfe. „Wie retten Sie die Welt?“, fragt die taz ab heute jeden Tag bis zum G-8-Gipfel eine/n interessanten Berliner/in. Denn die meisten haben diese Frage für sich längst beantwortet – nur sind die Konzepte der Weltrettung höchst unterschiedlich. Mancher verzichtet aufs Fliegen, manche engagiert sich im Kiez. Mancher kauft nur Biogemüse, manche arbeitet in einer Nichtregierungsorganisation. Die taz-Serie soll eine bunte Mischung präsentieren: Die Weltrettung treibt nämlich nicht nur Berufsbetroffene und Ökos um, sondern auch wahrhaftige Grafen oder die Verkäuferin einer Luxusboutique.Zum Auftakt haben wir die Sozialarbeiterin Gabriele Kulk befragt. Verantwortung, sagt sie, fängt im Kleinen an. Sie verzichtet seit 20 Jahren auf das Auto, weil sie sich für die Umwelt verantwortlich fühlt. TAZ

„Mir ist die Frage, wie retten Sie die Welt, ja zu pathetisch. Ich seh das eher so: Wo fängt Verantwortung für die Welt an? Und ich finde, die fängt im Kleinen an. Mein kleiner Beitrag: Ich habe vor 20 Jahren schon bewusst entschieden, dass ich nicht mehr Auto fahre. Ich meine, der Verkehr hat mich persönlich genervt. Als selbstständige Schaufenstergestalterin – das war ich damals – war ich ständig mit dem Auto unterwegs. Der ausschlaggebende Gedanke aber, das dann auch wirklich sein zu lassen, war die Verantwortung für die Umwelt. Jedes Auto darf seinen Dreck in die Luft pusten. Einfach so. Natürlich gibt es Leute, die ihr Auto wirklich brauchen. Aber für alle, die es nicht brauchen, gilt: In Berlin gibt es sehr gute Alternativen.

Für meine Auto-Abneigung war aber auch noch ausschlaggebend, dass ich diese Blechlawinen nicht schön finde. Ich bin gerade auf Sylt bei meinem Bruder – der fährt übrigens ein Erdgasauto. Egal, ich finde diese Automassen auch hier scheußlich. Letztes Jahr auf Langeoog, das war viel besser, weil die Insel autofrei ist. Es ist einfach ein ganz anderes Lebensgefühl. Das will ich: ein Lebensgefühl ohne Blechlawinen.

Mein Lebensgefährte, ein leidenschaftlicher Autofahrer, der empfindet das genauso. Ab und zu waren wir ja dann doch versucht, uns ein Auto zu holen, um am Wochenende mal rauszufahren. Aber wir haben uns bewusst gemeinsam dagegen entschieden. Nach Brandenburg kommt man sehr gut mit dem Zug und dem Fahrrad. Ist auch gesünder. So spart man sich das Fitnessstudio. Spaß macht Fahrradfahren nebenbei auch. Auf Sylt fahren wir mit dem öffentlichen Bus durch die Gegend und laufen. Ich laufe gerne. Aber Sie glauben es nicht, man lacht über uns, wenn wir das erzählen. „Hier fährt doch kein Mensch Bus“, sagen die. Das passiert uns übrigens oft, dass Leute das komisch finden, dass man sich gänzlich ohne Auto in der Welt bewegt.

Wir fliegen wirklich nur, wenn es nicht anders geht. Sonst nehmen wir den Nachtzug. Nach Kroatien, nach Tschechien, nach Italien im Schlafwagen. Schlafwagen sind doch eine wunderbare Einrichtung. Für uns ist das angenehm. Mir ist das mit der Art, wie ich mich in der Welt bewege, das Wichtigste. Ich finde, viele Menschen sind sehr bequem geworden. Kinder lernen von früh an, dass sie überall mit dem Auto hingefahren werden. Das halte ich für falsch. Meine Mutter ist mit uns viel gelaufen. Kinder sollen doch Spaß an der Bewegung haben und Orientierung lernen. Bewegung, lebendige Wahrnehmung meiner Umgebung – das sind nette Nebeneffekte bei umweltfreundlichem Verhalten.

Einen FCKW-freie Kühlschrank und seit kurzem Ökostrom, das habe ich auch, aber ich rauche, trinke Alkohol. Dogmatisch bin ich in meinen Bemühungen um die Umwelt nicht, aber ich versuche eben, meinen Beitrag im Kleinen zu leisten. Und ehrlich, ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen das auch so machen.“

PROTOKOLL: WALTRAUD SCHWAB

Gabriele Kulk, 44, ist gebürtige Spandauerin, Diplomsozialarbeiterin und Medienpädagogin. Derzeit arbeitet sie als Bildungsbegleiterin bei einem großen sozialen Träger in Berlin.