großes heringspupsen bei web.de von RALF SOTSCHECK
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Eins muss man dem Engländer lassen: Er verfügt über gepflegte Umgangsformen, wenn er nicht gerade zur Spezies der Hooligans oder „lager louts“ gehört, die Unmengen dünnen, warmen Bieres einnehmen und dann ihre gute Kinderstube vergessen. Der Durchschnittsengländer hingegen entschuldigt sich sogar, wenn man ihm auf den Fuß tritt.

Iren und Deutsche können davon lernen, vor allem die Dubliner Taxizentralen. Zu welcher Tageszeit man dort auch anruft, man bekommt es stets mit einer schlechtgelaunten Person zu tun. Verrät man auf die Frage, wo es hingehen soll, dass man zum Flughafen möchte, kann man den Flug vergessen – es gibt in den Taxizentralen offenbar einen Wettbewerb, wer die meisten Flugreisen vermasseln kann. Einmal erkundigte ich mich höflich nach dem Verbleib meines Taxis und erfuhr, dass es weitere 20 Minuten dauern würde. Auf mein verzweifeltes „Oh, nein“ erwiderte die Taxidirigentin: „Gut, dann eben nicht!“ – und knallte den Hörer auf.

Was die Taxizentralen in Irland, sind die Internet-Provider in Deutschland. Es gibt anständige und unanständige. Und es gibt Web.de. Für eine monatliche Gebühr von fünf Euro erhoffte ich mir eine reklamefreie E-Mail-Korrespondenz. Aber das Unternehmen müllt einen zu mit Horoskopen und Fernsehprogrammen, Routenplanern und Partnersuche, Eisbär Knut und Werbung – Herrenlederjacken zum Beispiel, „stilvoll und stylish“. Wer „stylish“ schreibt, hat stilistisch schon verloren.

Schlimmer noch sind die Nachrichten, mit denen man belästigt wird. „Arnold Schwarzenegger erteilt Paris Hilton eine Abfuhr“, blökte mich die Web.de- Seite an. Es gebe „wichtigere Probleme“ als Gnade für die wegen Fahrens ohne Führerschein zu einer Haftstrafe verurteilte Hotelerbin, erfahre ich ungewollt. Hilton soll froh sein, dass der große Schauspieler mit dem kleinen Hirn sie nicht zum Tode verurteilt hat, will er doch die Giftspritze in Kalifornien wieder auskramen. Einmal Terminator, immer Terminator.

Interessant auch die Meldung: „Supermodel deutet an: Es wird ein Junge!“ Web.de deutet an: Es wird noch schlimmer! Will man wissen, dass „Heringe pupsen, Clownfische knarzen“, wenn man seine Mails abruft? Wie gelangweilt muss man sein, um ein Bildermemo zu machen? „Acht einheimische und exotische Tiere wollen ihren jeweiligen Lebensräumen zugeordnet werden“, behauptet Web.de. Das ist kinderleicht. Eisbären leben in Berlin und heißen Knut.

Doch neulich hatte der Spaß ein jähes Ende. Ich erhielt eine ohne jegliche Interpunktionskenntnisse verfasste „letzte außergerichtliche Mahnung“. Ich hatte eine neue Kreditkarte bekommen, weil meine alte abgelaufen war, und nun konnte Web.de die fünf Euro nicht mehr einziehen. Das müsste eigentlich auch Herrn Forderungsmanagement, der den Brief unterschrieben hatte, klar sein. Ein englisches Unternehmen hätte höflich nachgefragt und sich womöglich noch dafür entschuldigt, bevor es ungehobelte letzte Mahnungen verschickt hätte.

Web.de ist die Bildzeitung unter den Providern: Niveaulos, unstylish und voller Müll. Aber mit Bild kann man sich wenigstens den Hintern abwischen.