Grüne wollen keine Verbotspartei sein

PARTEITAG Niedersachsens Grüne betonen ihre inhaltliche Eigenständigkeit – und erinnern auch den Koalitionspartner SPD mit einem kräftigen Tritt vors Schienbein daran

„Klare Kante zeigen“ ist das Leitmotiv der niedersächsischen Grünen beim Landesparteitag in Walsrode. Nur wenige Wochen vor dem Bundesparteitag Ende November in Hamburg signalisiert die Basis der Grünen in der Lüneburger Heide vor allem eins: Die Handschrift der Ökopartei soll in der Landesregierung in Hannover deutlicher sichtbar werden. Zwar ist den Delegierten klar, dass Regieren vom Kompromiss geprägt ist – doch die Grundwerte der Grünen sollen dabei nicht verraten werden.

Die Basis verzichtet darauf, sich allzu hart auf Kosten des Koalitionspartners SPD zu profilieren, doch einen beherzten Tritt vors Schienbein können sich die Delegierten nach einer heftigen Debatte zum Thema Fracking nicht verkneifen. Die Mehrheit der 170 Parteimitglieder stimmt für ein totales Verbot der umstrittenen Gas-Fördermethode und für ein Importverbot von Fracking-Gas aus anderen Ländern. Eine weitreichende und wohl nur schwer durchsetzbare Forderung, die über den Tag hinaus weisen soll.

Umweltminister Stefan Wenzel, eins von vier grünen Regierungsmitgliedern am Kabinettstisch von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), wirbt zuvor um Rückendeckung für seine Position. „Ich glaube, dass das ein klares Signal an Berlin und auch unseren Koalitionspartner ist, dass wir da keinen großen Spielraum haben.“ Gefährdet der Parteitagsbeschluss die rot-grüne Koalition, wird Wenzel nach der Abstimmung gefragt. „Deswegen wird die Koalition nicht platzen“, meint er.

Rund 20 Monate nach der Machtübernahme von Rot-Grün in Hannover zeigt die Basis der Ökopartei, dass sie programmatisch ihre eigene Handschrift hat. Dennoch, allzu revolutionär wollen die Grünen nicht daherkommen – und als Verbotspartei schon gar nicht. Die Grünen setzten sich als weltoffene Partei für eine Vielfalt von Lebensformen ein. Keine Grabenkämpfe also, kein Krawall: Niedersachsens Grüne haben sich nach mehr als anderthalb Jahre seit dem Start der rot-grünen Koalition an den Machthebeln der Politik in Hannover eingerichtet. Nach Ansicht vieler Delegierter mitunter aber auch allzu gut.  (dpa)