Am Rhein verkloppt

FC KÖLN Mit einem 2:1-Heimsieg verschafft der Aufsteiger Borussia Dortmund langsam wachsende Abstiegssorgen. Köln aber freut sich derweil, dass seine Mannschaft immer besser zusammenwächst

Beim BVB wird die Luft dünn. Und der bislang unantastbare Trainer Klopp reagiert auf Fragen dünnhäutig

AUS KÖLN ANDREAS MORBACH

Als das Jubelgrollen über den Sturz des immer kleiner werdenden Riesen Borussia Dortmund ein wenig verebbt war, meldete sich Siegertrainer Peter Stöger zu Wort. Sachlich, gefasst, in gewohnt freundlicher Nüchternheit erklärte Kölns Trainer, wie dieses 2:1 seiner Aufsteiger über den wankenden Vizemeister zustande kommen konnte. „Wir haben vorher darauf hingewiesen, dass da eine enorme Qualität auf uns wartet – aber auch, dass viele Dortmunder lange verletzt waren“, berichtete Stöger. Und der leicht genüssliche Unterton in der Stimme des Österreichers war nicht zu überhören.

Beim BVB dagegen ist von Genuss schon länger nicht mehr die Rede, wenn es um den Ligaalltag geht. Auch auf feine Untertöne verzichten die Schwarz-Gelben inzwischen – denn die Lage ist, zwei Punkte entfernt von einem direkten Abstiegsplatz, prekär. „Es ist eine sehr schwierige Situation für uns, eigentlich die schwierigste in den letzten Jahren. Das muss man ganz klar sagen“, räumte Sportdirektor Michael Zorc zerknirscht ein, aber Stögers Überlegungen ließ er so nicht gelten.

„Wir haben viele Spieler, die nicht hundertprozentig fit sind und es auch nicht sein können“, bestätigte Zorc zwar. Die fatalen Abwehrschnitzer aber, die sich die Borussen vor dem 0:1 durch Kevin Vogt kurz vor der Pause und – in besonders schwerwiegender Form durch Torwart Roman Weidenfeller – vor Simon Zollers Siegtreffer eine Viertelstunde vor Schluss leisteten, wollte Zorc nicht als Folge des Trainingsrückstands akzeptieren.

Die Realität jedoch sieht so aus, dass dem Dortmunder Spiel inzwischen ein erheblicher Teil seiner Souveränität und Selbstverständlichkeit verloren gegangen ist. Das vorhandene Potenzial blitzt zwar immer mal auf, im Großen und Ganzen bot das Team von Jürgen Klopp, das durch Ciro Immobile zum zwischenzeitlichen Ausgleich kam (48.), in Köln aber fußballerisches Stückwerk an. Die Rückkehr des defensiven Mittelfeldspielers Ilkay Gündogan bezeichnete Zorc scharf als „das einzig Positive am heutigen Tag“. Und Trainer Klopp („Wir haben einen Fußball gespielt, der absolut keinen Sinn macht“) muss erkennen, dass seine Ansagen auf taube Ohren stoßen.

Oder auf wacklige Beine – die inzwischen selbst Routinier Weidenfeller plagen. Vor Zollers 2:1 sprang der Nationalkeeper aus unerfindlichen Gründen ins Leere. „Was soll ich dazu sagen? Das ist ja noch nicht mal eine Torchance“, kommentierte Klopp frustriert – und Sportdirektor Zorc stöhnte auf: „Wir schenken die Tore wieder her, machen kapitale Böcke.“ Ein unseliges Gemisch, zu dem sich die Erkenntnis gesellt, dass dem BVB auch die unbedingte Gier nach Torerfolgen derzeit abhanden gekommen ist.

Entsprechend dünn wird die Luft, selbst für den scheinbar unantastbaren Klopp. Als bei der Pressekonferenz eine Frage zum Comeback von Gündogan kam, reagierte Klopp dünnhäutig: „Ich haben keinen Nerv, über einzelne Spieler zu sprechen – wir haben als Mannschaft Probleme.“ Der Betroffene selbst war da offener. „Für mich ist es schön“, beschrieb Gündogan seine Gefühle, 14 Monate nach seinem letzten Bundesligaspiel. Doch der 23-Jährige betonte auch: „Das habe ich mir ganz anders vorgestellt.“

Etwas leichter fällt das Dasein dafür nun Borussias Krisenverschärfer, dem 1. FC Köln. Ein Tor im eigenen Stadion hatten Stögers Defensivkünstler nach dem Aufstieg noch nicht hinbekommen, dank BVB-Unterstützung reichte es diesmal gleich zu zwei Treffern. „Ich war selber überrascht, als der Ball plötzlich vor mir lag“, gab Siegtorschütze Zoller zu. Der 3-Millionen-Euro-Einkauf aus Kaiserslautern bekam so auch etwas Rückenwind nach seinem schwierigen Einstieg beim Geißbockklub. „Das war eine Erleichterung für mich“, strahlte der Angreifer, der nicht vergessen hat: „Vor drei Wochen saß ich noch auf der Tribüne.“

Nicht auf der Tribüne, sondern auf seinem momentan recht harten Trainerstuhl nimmt Jürgen Klopp schon am Mittwoch wieder Platz. Dann wird sein verunsichertes Team in der Champions League auf die Probe gestellt, in der Partie bei Galatarasaray Istanbul. Und Borussias Vorturner weiß: Lösungen sind gefragt. Und zwar, so Klopp: „Nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt sofort.“