Hot Button blinkt für 9live

Anruf-Sender muss innerhalb 48 Stunden zu neuen Abzock-Vorwürfen Stellung nehmen. Ruf nach Justiz

Der unter Abzock-Verdacht stehende Anrufsender 9live muss nach den jüngsten Vorwürfen mit einem harten Vorgehen der Medienwächter rechnen. Die Bayerische Landesmedienanstalt (BLM), die den Sender beaufsichtigt, verlangt vom Sender innerhalb von 48 Stunden eine Stellungnahme – sonst sind Zwei-Wochen-Fristen üblich.

9live macht Dank der Telefon- und SMS-Gebühren (in Deutschland pro Anruf oder SMS 50 Cent) seiner „MitspielerInnen“ prächtig Kasse. Eine Masche: Der Kanal erweckt bei seinen diversen „Hot Button“-Spielchen den Eindruck, hier entscheide ein Zufallsgenerator, welcheR AnruferIn durchgestellt wird und so eine Gewinnchance erhält. Neben dem Mittschnitt vom 13. Mai 2007 mit Moderatorin Alida Lauenstein (taz von gestern) kursiert im Internet auch ein zweiter Clip mit Moderator Max Schradin vom 28. April, der nahe legt, dass der „Zufall“ eher von einem Sendungs-Mitarbeiter je nach Zahl und Dauer der eingegangenen Anrufe ausgelöst wird.

Ehemalige 9live-Mitarbeiter hatten diese Praxis gegenüber dem ARD-Magazin „plusminus“ bestätigt. Bis Mittwoch muss sich 9live nun erklären, gibt aber schon in seinen Spielregeln zu: „Im ‚Hot-Button-Modus‘ wird zu einem beliebigen Zeitpunkt (…) nach Aktivierung eines technischen Auswahlmechanismus ein Anrufer ausgewählt, der gerade in diesem Moment anruft.“ – Womit sich erklärt, warum auch bei simpelsten Fragen teilweise über Stunden keine Anrufer in die Sendung geschaltet werden.

Dass die BLM jetzt zumindest zeitlich Druck macht, kommt nicht von ungefähr: Unter der Hand beklagen sich diverse andere regionale Medienwächter über die lasche Haltung der Münchner zu „ihrem“ Programm 9live. Zudem hatten Medienaufsicht, der Privatsender-Verband VPRT und die derlei „Gewinnspielchen“ veranstaltenden Sender erst am 3. Mai ein Eckpunktepapier verabredet, das vor allem eins zum Ziel hat: mehr Transparenz. Dort heißt es zum Thema „Hot Button“ unter anderem, die ZuschauerInnen seien „von Beginn des Spiels an darüber zu informieren, wann eine Durchstellung vorgesehen ist“. Vor allem sei „in regelmäßigen Abständen bekannt zu geben“, dass dies auch „zu einem deutlich später liegenden Zeitpunkt“ geschehen könne.

Die BLM weist derweil daraufhin, dass es bisher „letztlich nur freiwillige Vereinbarungen“ mit den Sendern gäbe – und auch die Eckpunkte stellten noch nicht „die endgültigen Formulierungen“ dar. Aus Kreisen der Medienaufsicht ist daher die Frage zu vernehmen, ob hier das Medienrecht überhaupt noch greife – oder ob die Angelegenheit nicht allmählich reif für den Staatsanwalt sei. STG

Info: www.call-in-tv.de