Ausgeprägtes Wolfsgebaren

CHAMPIONS LEAGUE Den FC Bayern München erwarten zum Gruppenspiel in Rom aufgedrehte Kicker und aggressive Fans

AUS ROM TOM MUSTROPH

Der AS Rom scheint gerüstet für die Bayern. 14 Wölfe hat Trainer Rudi Garcia beim letzten Serie-A-Spiel auf dem Platz gesehen. Mit 3:0 fegten die ersten elf und die drei Einwechselspieler Chievo Verona vom Platz. Nicht das Ergebnis, nicht der Gegner sind bemerkenswert. Wichtig war das Zeichen, das die Roma nach der Länderspielpause und dem unglücklich verlorenen Spitzenduell bei Juventus hinterließ. Es lautete: „Wir sind wieder da.“ Trainer Garcia versprach vor dem Spiel gar: „Wir holen die Meisterschaft.“ Juventus schien von diesem Spruch beeindruckt und spielte gegen Sassuolo nur remis.

Er inszeniert die Mannschaft in letzter Zeit gern als ein Rudel bissiger Raubtiere. Das hat lokalen Hintergrund. Romulus, mythischer Gründer der Ewigen Stadt, soll von einer Wölfin gesäugt worden sein. Die Fans des AS Rom haben das Milchtier des ersten Römers gleich für sich in Beschlag genommen.

Mit der Wolfsmetapher betreibt Garcia mentale Aufrüstung. „Sergeant Garcia“, wie ihn die lokale Presse gern nennt, hat die lange selbstgefälligen Hauptstadtkicker mit einer psychologischen Generalüberholung auf ein neues Niveau geführt.

Die Gelbroten strotzen vor Selbstbewusstsein. Sie spielen schön. Und sie sind damit erfolgreich. Basis ist permanente Bewegung. Alle rennen – Altstar Francesco Totti eingeschlossen. Dabei lassen sie den Ball zirkulieren und vergessen nicht die Vertikalisation. Garcia gelang eine Synthese aus Mourinhos Prätorianerfußball und Guardiolas Ballbesitzphilosophie. Und das noch mit eigenen Akzenten. Mit dem Ivorer Gervinho, den Garcia von seinem früheren Wirkungsort Lille mitbrachte, verfügt die Roma über den schnellsten Stürmer der Serie A. Gervinho reißt regelmäßig riesengroße Löcher in die gegnerischen Hühnerställe, sodass die Oberwölfe Totti und Mattia Destro manches Massaker anrichten können. Die Roma ist eine Torfabrik, mit 14 Toren in sieben Spielen in der Serie A und 6 in zwei Spielen der Champions League. Den Bayern steht also eine Bewährungsprobe bevor.

Den bayerischen Fans auch. Sie sollten ihre Lederhosen besser noch verstärken. Römische Ultras sind für den häufigen Gebrauch kleiner Messer bekannt. Nicht einmal die Tragödie vom Mai, als ein römischer Hooligan am Rande des Pokalfinales mit zwei Schüssen einen Fan des SSC Neapel tötete, sorgte für Ernüchterung. Beim Champions-League-Spiel gegen Moskau im September wurden zahlreiche russische Fans wegen Stichverletzungen behandelt. Zwar waren diesmal die Gästefans Auslöser der Straßenschlachten. Aber das Wolfsgebaren, das Garcia seinen Mannen antrainiert, ist bei den Fans eben auch ausgeprägt.

Immerhin, Todesschütze Daniele De Santis ist aus dem Verkehr gezogen. Er liegt, bewacht von der Polizei, in einem Krankenhaus in der mittelitalienischen Kleinstadt Viterbo. Er ließ mitteilen, dass ihm aufgrund der Verletzungen, die er in der Auseinandersetzung mit den Neapelfans erlitt, wohl ein Bein amputiert werden muss.

De Santis gehört zu einem Kreis von Rechtsextremisten, die vor etwa einer Dekade im römischen Tor di Quinto, nordöstlich vom Olympiastadion, Sportanlagen besetzten, die ausgerechnet dem Stadtrivalen Lazio gehörten. Das „Trifoglio“ wurde in der Folge zu einer Hochburg der Rechten, die dort Fußballturniere, Kampfsportevents und DJ Acts veranstalten. De Santis hatte hier offenbar seine Waffenkammer. Er tauchte auch auf einer Kandidatenliste des späteren römischen Bürgermeisters Gianni Alemanno auf, der selbst seine Karriere als Jungfaschist in den 80er Jahren mit einem Molotowcocktailwurf auf die damalige Botschaft der Sowjetunion begonnen hat.

De Santis Kumpane, die die Feindseligkeiten von Tor di Quinto mit dem Zünden von Feuerwerkskörpern unter einem Bus mit Neapelfans begonnen hatten, befinden sich übrigens auf freiem Fuß. Es wäre also besser für die Bayernfans, verließen sie nicht die Herde. Sonst kommen die Wölfe.