unterm strich
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Die ästhetische Reaktion marschiert. Stellvertretend für all die anderen Bewahrer sei an dieser Stelle nur der Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) zitiert: Der warf gestern der Justiz und Dresdner Politikern vor, sie würden mit ihrer Entscheidung für die umstrittene Waldschlösschenbrücke im Unecso-Welterbe Dresdner Elbtal dem Ruf der Stadt nachhaltig schaden. „Dresden war bisher nicht durch den Verkehr berühmt, sondern durch die Elblandschaft und das wunderbare Stadtbild. Wahrscheinlich wird Dresden künftig berühmt dadurch, dass es die erste Stadt der Welt ist, die absichtsvoll den Weltkulturerbetitel verloren hat – ein schlechter Ruf“, sagte Thierse der Sächsischen Zeitung. Es ist immer wieder erstaunlich, mit was für Argumenten sich hervorgewagt wird. Als ginge es bei einem Brückenbau um den Ruf einer Stadt. Als sei der Titel „Weltkulturerbe“ etwas anderes als genau das: ein Titel. Als ließe sich die historische Entwicklung anhalten. Als sei ein Erbe dazu da, die Gegenwart der Lebenden auf ewig durch die Präsenz der Verstorbenen zu dominieren. Als sei die Vergangenheit immer besser als die Gegenwart. Aus dieser Sicht bedeutet das Leben nur noch, Staffage für Touristenfotos zu sein. Fehlt bloß noch, dass jemand den Klimawandel auspackt, um gegen die Brücke zu argumentieren.