Gespenstisches Geständnis
: KOMMENTAR VON BERND PICKERT

Mag sein, dass Chalid Scheich Mohammed tatsächlich „verantwortlich“ ist für die lange Reihe von ausgeführten, versuchten und geplanten Anschlägen, zu denen er sich in seiner langen verlesenen Erklärung schuldig bekannt hat. Vielleicht ist er tatsächlich jenes „Mastermind“ des 11. September 2001, als das ihn die USA seit seiner Festnahme 2003 bezeichnen.

Nur: Ob das so ist, wird die Welt nie erfahren. Denn die USA selbst haben alles dafür getan, dass dieses „Geständnis“ vor keinem ordentlichen Gericht der Welt verwendbar wäre. Wenn jemand nach vier Jahren Haft ohne Anklage, größtenteils in Geheimgefängnissen ohne jegliche externe Supervision, dabei den verschiedensten Formen der Folter ausgesetzt, in einer verlesenen Erklärung ein solches Geständnis ablegt, dann erinnert das eher an Erklärungen, wie sie beispielsweise Geiselnehmer ihren Opfern vor laufender Kamera abnötigen.

Mehr noch: Wir wissen nicht einmal, ob jene „Anhörung“ vor einem Militärtribunal in Guantánamo, deren Protokoll das Pentagon am Mittwochabend veröffentlicht hat, überhaupt je stattgefunden hat. Außer Militärangehörigen – deren Namen im Protokoll gestrichen sind, die also niemand befragen kann – war niemand dabei: kein Anwalt, kein Reporter, nicht einmal ein Familienangehöriger. Das Vorgehen des Pentagons ist eine Farce.

Es gibt keine richtige Justiz in der falschen. Das sogenannte Geständnis ist nichts wert, die kommenden Prozesse sind Showveranstaltungen, die ironischerweise auch noch ohne Publikum stattfinden. Mit Rechtsstaatlichkeit oder gar Wahrheitsfindung hat der Umgang mit den Terrorverdächtigen nichts zu tun. Denn dazu gehörten eine ordentliche Verteidigung, überprüfbare Haftbedingungen, das Recht, Rechtsmittel einzulegen, und vor allem: die Unschuldsvermutung bis zur rechtskräftigen Verurteilung durch unabhängige Richter. Nichts davon gestehen die USA ihren 14 wichtigsten Gefangenen in Guantánamo zu.

Die jetzigen Verfahren sind aus menschenrechtlicher Sicht katastrophal, aber auch, weil sie den öffentlichen Aufklärungsbedarf zu ungeklärten Fragen des 11. September ins Leere laufen lassen.