Cops vieler Länder, vereinigt euch!

Die europäischen Polizeichefs beraten über den gemeinsamen Antiterrorkampf und den Dialog zwischen Kulturen. Polizeipräsident Glietsch bekommt dabei von den Kollegen Hilfe für seine Arbeit

„Man kann die interkulturellen Probleme nicht lösen, aber man kann besser damit umgehen. Wir haben so viele Kollegen anderer ethnischer Herkunft eingestellt, dass ihr Anteil jetzt 11 Prozent beträgt. Damit versuchen wir, die Spannung zwischen den Kulturen zu lindern. Ich habe mich schon oft mit Polizeipräsident Glietsch und Vizepräsident Neubeck über dieses Thema unterhalten. Es wird immer Leute geben, die in Autos einbrechen und kriminell sind, aber das Wichtigste ist, den sozialen Frieden in der Stadt zu erhalten. Das verstehe ich unter Sicherheit.“Bernard Welten ist Polizeipräsident von Amsterdam

VON PLUTONIA PLARRE

Die dominierende Farbe bei dem Treffen der europäischen Polizeipräsidenten ist blau. Nur der Berliner Polizeivizepräsident Gerd Neubeck fällt mit seinem grünen Jackett und der kakifarbenen Hose aus der Rolle. „Grün sieht zu sehr nach Militär aus,“ findet der Polizeipräsident von Bukarest, Marian Tutilescu. Auch der Polizeikommandant von Bern, Jörg Gabi, schwört auf blaue Uniformen: „Blau ist beruhigend, locker und bürgernah.“

„Ich beneide Herrn Glietsch nicht um seinen Job. Ich nehme an, in Berlin gibt es ganz andere Probleme als in Bukarest. Wir haben in Rumänien vor allem mit Autoeinbrüchen zu tun. Ich habe Angst, dass der Terrorismus auch in südosteuropäischen Städten Fuß fassen könnte. Die Uniform der Berliner Polizei erscheint mir sehr konservativ. Fast alle Polizisten in Europa tragen ja eine dunkelblaue Uniform. Ich habe gehört, dass die meisten deutschen Polizisten mit ihrer Uniform sehr unglücklich sind.“Marian Tutilescu ist Polizeipräsident von Bukarest

Die Polizeipräsidenten aus 32 europäischen Hauptstädten sind natürlich nicht in Berlin zusammengekommen, um sich über die Farbe ihrer Uniformen auszutauschen. Länderübergreifende Terrorismusbekämpfung und interkultureller Dialog stehen auf dem Programm. Die Konferenz findet seit 1979 alljährlich im Wechsel in einer anderen europäischen Hauptstadt statt.

Auf die Frage, was er sich von dem mehrtägigen Treffen erhoffe, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch zur taz: „Erkenntnisse, wie wir in der Polizeiarbeit besser mit Defiziten in der Integrationspolitik fertig werden.“ Der Blick über den Tellerrand und der Austausch mit Kollegen zum Beispiel aus Amsterdam und Stockholm könnte hilfreich sein. Auch dort gibt es sogenannte Problemkieze wie in Teilen von Neukölln, Moabit, Kreuzberg und Wedding. Auch dort gibt es Bezirke, wo die Polizei eine überdurchschnittlich hohe Kriminalität von jungen Männern mit Migrationshintergrund verzeichnet, wo ein hoher Anteil an Menschen lebt, der sozial ausgegrenzt lebt. Und wo Kinder und Jugendliche keine Chancen haben und auf der Straße herumhängen. So klagen auch andere europäische Polizeigewerkschaften über einen zunehmenden Akzeptanzverlust der auf der Straße eingesetzten Kollegen.

„Mein Rezept ist: Möglichst nah ran an die Bevölkerung. Ich habe früher als Vorschullehrerin gearbeitet: Die Erfahrungen von damals helfen mir heute viel. Vor einem Jahr haben wir in den Vororten Stockholms 15 kleine, dezentrale Polizeistationen mit jeweils 6 Polizisten eingerichtet. Das Ergebnis: Durch den engen Kontakt hat sich das Vertrauensverhältnis zwischen Polizei und migrantischer Bevölkerung deutlich verbessert. Recht und Gesetz werden mehr akzeptiert.“ Carin Gölblad (52) ist seit viereinhalb Jahren Polizeipräsidentin von Stockholm

Die Polizei könne die Integrationsprobleme nicht lösen, aber der kulturelle Dialog zwischen Polizisten und Migranten könne verbessert werden, wenn mehr Polizisten nichtdeutscher Herkunft bei der Polizei angestellt werden, ist Glietsch überzeugt. Mit den Neueinstellungen von 2006 und 2007 sind bei der Berliner Polizei rund 200 Angehörige anderer Ethnien beschäftigt – bei rund 16.000 Polizisten fast ein Promillewert.

„Die Probleme von Berlin und Bern sind ähnlich. Wir haben ja beide den Bären als Wappentier. Auch in Bern haben wir Großveranstaltungen und -demonstrationen und eine linksextreme Szene – zwar kleiner, aber zum Teil auch fies. Auch wir versuchen, Konflikte möglichst gewaltfrei zu lösen. Wir nennen das die ‚3-D-Strategie‘: Dialog, Deeskalation, Durchgreifen. Drei Spiele der EM 2008 finden in Bern statt. Hoffentlich können wir von den Erfahrungen mit dem Public Viewing in Berlin profitieren.“Jörg Gabi ist Polizeikommandant von Bern PROTOKOLLE UND FOTOS: P. PLARRE

Nach Angaben von Bernard Welten, Polizeipräsident von Amsterdam, beläuft sich der Anteil der Polizisten anderer ethnischer Herkunft in der Amsterdamer Polizeibehörde bei 11 Prozent. 50 Prozent der Amsterdamer Bevölkerung hat laut Welten einen anderen ethnischen Hintergrund. Nur eine Polizei, die die Sprache aller Bürger spreche, deren Kultur und Religion verstehe, sei in der Lage, den Frieden in der Stadt zu erhalten, sagt Welten. Darum sein Rat an Glietsch: „Rekrutieren Sie mehr Menschen mit Migrationshintergrund für die Berliner Polizei.“

Auch die Polizeipräsidentin von Stockholm, Carin Gölblad, erzählt: „Wir haben mehr oder weniger dasselbe Problem.“ Vor einem Jahr habe sie deshalb in den Vororten Stockholms 15 kleine, dezentrale Polizeistationen mit jeweils 6 Polizisten eingerichtet. Dadurch hätten sich das Vertrauensverhältnis zwischen Polizei und migrantischer Bevölkerung und deren Respekt für Recht und Gesetz deutlich verbessert, freut sich Gölblad.