Vortasten zu den Heuschrecken

China kauft sich bei Blackstone ein. Investoren und Manager für Staatsbetriebe gesucht

PEKING taz ■ Was tun, wenn die Kassen überquellen und man das bescheidene Sümmchen von 1.000 Milliarden Euro sinnvoll bewahren und vermehren muss? Jahrelang haben Chinas Wirtschaftspolitiker die Devisenreserven ihres Landes möglichst konservativ angelegt. Sie kauften zum Beispiel US-Staatsanleihen, die wenig Risiko bedeuteten, aber auch nur bescheidenen Gewinn versprachen. Doch nun werden die Pekinger Finanzfunktionäre mutiger.

Zum ersten Mal beteiligen sie sich bei einem amerikanischen Finanzinvestor – der Firma Blackstone. Die Summe von 3 Milliarden Dollar ist nicht atemberaubend. Die Chinesen erhalten dafür einen Anteil von 9,9 Prozent, aber kein Stimmrecht. Doch der Anfang ist gemacht, die Welt der Fonds ist um einen Spieler reicher – den Manager mit KP-Parteibuch. Dies sei, so jubelte Blackstone-Gründer Steven Schwarzman, ein „historisches Ereignis, das die Rahmenbedingungen der globalen Kapitalflüsse verändert“.

Die Chinesen wollen mit ihrem Sprung unter die Heuschrecken Erfahrungen in einem neuen Markt sammeln. Schon im März hatte Peking angekündigt, dass es seine Finanzreserven mit einem Investitionsfonds breiter im Ausland streuen will. Dessen erstes Geschäft ist ausgerechnet die Beteiligung an Blackstone. Die Amerikaner haben ihre Finger überall und sind bei der Sanierung von Unternehmen nicht für Zimperlichkeit bekannt. Sie sind, wie sie selbst werben, bei über „100 Firmen in verschiedenen Branchen, Weltregionen und wirtschaftlichen Umfeldern“ beteiligt. Auch in Deutschland sind sie keine Unbekannten: Sie haben sich etwa bei der Deutschen Telekom eingekauft und sollen, wie Gewerkschafter behaupten, für die Idee verantwortlich sein, 50.000 Mitarbeiter in eine Servicegesellschaft auszugliedern.

Das Engagement in einem US-Fonds ist ein folgerichtiger Schritt der KP, die China auf den internationalen Märkten etablieren will, aber dabei nach dem Motto von Deng Xiaoping den „Fluss überquert, in dem man Stein für Stein ertastet“. Gleichzeitig öffnen die Chinesen selbst ihre Türen etwas weiter: Ausländische Investoren dürfen sich fortan an mehr Staatsbetrieben beteiligen. Die Regierung plant, bis zum Ende des Jahrzehnts die Zahl der von ihr kontrollierten Großunternehmen von derzeit 160 auf rund 80 herunterzufahren. An diesen sollen Ausländer bis zu 49 Prozent der Anteile erwerben dürfen. Ziel sei, sagte ein Funktionär der Aufsichtsbehörde für staatliche Vermögenswerte, „die Effizienz und interne Kontrolle“ zu verbessern.

Schon vorher hofft die KP, die ineffektiven Großbetriebe auf Vordermann zu bringen – mit Hilfe ausländischer Topmanager. In der englischsprachigen Parteizeitung China Daily liest man derzeit riesige Stellenangebote für Spitzenpositionen in Staatsfirmen, für die sich auch Ausländer bewerben können. Dazu gehören etwa der Harbiner Kraftwerks-Ausrüster, die China-Wasser-Investitionsgruppe und die nationale Salzindustrie-Gruppe. Wie viel die Manager bei ihnen verdienen können, verraten die Anzeigen nicht. Zwar sitzen bereits einige Überseechinesen und Hongkonger in den höheren Etagen der Staatsbetriebe. Aber andere Ausländer, so sagt der Präsident der EU-Handelskammer in Peking, Jörg Wuttke, seien an der Spitze chinesischer Firmen schon wegen der Sprache bislang noch extrem selten. Wuttke: „Das ist noch nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.“ JUTTA LIETSCH