Star-Regisseur als Umwelt-Aktivist

Seit Fatih Akin für sein wuchtiges Melodram „Gegen die Wand“ bei der Berlinale 2004 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde, zählt er zur ersten Liga des deutschen Films. Heute steht nun, wenn man dem türkischstämmigen Regisseur aus Hamburg glauben darf, beim Wettbewerb in Cannes quasi die Fortsetzung seines bislang größten Erfolgs auf dem Programm.

„Auf der anderen Seite“ heißt der Film, der die Geschichten von sechs Menschen, die unabhängig voneinander in der Türkei und in Deutschland leben, miteinander verwebt. Fatih Akin selbst hat seinen Film als „zweiten Teil einer Trilogie“ über „Liebe, Tod und Teufel“ angekündigt, die er mit „Gegen die Wand“ begonnen habe. Das steigert die Neugier und legt die Messlatte ziemlich hoch. Schließlich wurde „Gegen die Wand“ vor drei Jahren mit Preisen überhäuft. (Boulevard-Schlagzeilen machte der Film damals eher unfreiwillig, als die Porno-Vergangenheit seiner Hauptdarstellerin Sibel Kekilli bekannt wurde).

Von Akins neuen Spielfilm „Auf der anderen Seite“ weiß man bislang nur, dass Hannah Schygulla darin mitwirkt und dass ein Todesfall im Zentrum steht, der die Lebenswege seiner Protagonisten kreuzen lässt. Und außerdem, dass einige Szenen im türkischen Dorf Camburnu an der Schwarzmeerküste gedreht wurden.

Aus diesem Dorf stammten einst Fatih Akins Großeltern. Vor zwei Jahren war der Regisseur zum ersten Mal dorthin gefahren, um seiner Familiengeschichte nachzugehen und zugleich Drehorte für seinen neuen Film zu sondieren. Dort, in Camburnu, stieß er allerdings auf einen echten Umweltskandal. Denn dort, wo Akins Vorfahren begraben liegen, will der türkische Staat die größte Müllkippe der östlichen Schwarzmeer-Region bauen. Die Lebensgrundlagen des Dorfes, das unterhalb der geplanten Deponie liegt, würden dann unweigerlich zerstört.

Dieser Umweltskandal hat Fatih Akin auf die Barrikaden getrieben und den Star-Regisseur zum Umweltaktivisten gemacht. Während sein Film gerade mit den Werken von Wong Kar Wai und Quentin Tarantino um die Goldene Palme konkurriert, verteilt Akin in Cannes deshalb jetzt Aufkleber und T-Shirts des Dorfes Camburnu, um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Auch seine Arbeit hat er bereits in den Dienst seines Anliegens gestellt. Nach „Crossing the Bridge“, seiner Dokumentation über die Musikszene von Istanbul, möchte er seinen nächsten Dokumentarfilm einem weniger schönen Thema widmen: der Naturzerstörung in der Türkei am Beispiel des Dorfes Camburnu. Der Arbeitstitel des Films: „Müll im Garten Eden“. DANIEL BAX