KOMMENTAR: SVEN-MICHAEL VEIT ÜBER DEN SPD-SENAT
: Ende der Schonzeit

In der zentralen Frage der Energiepolitik gibt es einen Dissens zwischen dem Bürgermeister und dem Umweltflügel der SPD

Genau 102 Tage hielt der Burgfrieden in der Hamburger SPD. Nun hat Alt-Bürgermeister Henning Voscherau den ersten Stein geworfen. Seine Unterschrift unter das Volksbegehren zur Re-Kommunalisierung der Energienetze ist ein gezielter Affront gegen den jetzigen Bürgermeister Olaf Scholz.

Voscherau ist ein zu altgedienter Polit-Taktiker, als dass er nicht genau wüsste, was er tut und warum. Denn er ist niemand, der sich vor einen Karren spannen ließe, den er gar nicht ziehen wollte. In der zentralen Frage der künftigen Hamburger Energiepolitik gibt es einen fulminanten Dissens zwischen dem Bürgermeister und dem Umweltflügel der SPD, und Voscherau bekennt sich jetzt als Teil dieser Opposition.

Es ist äußerst bemerkenswert, dass der ehemalige Grünen-Fresser Voscherau, der jeglicher Sympathie für Öko-Klimbim unverdächtig war, sich nun auf die Seite von Umweltverbänden wie dem BUND stellt, den er früher zu den Feinden von Fortschritt und Wachstum zählte. Das zeigt, wie ernsthaft ihm die Argumente für die Re-Kommunalisierung der Netze erscheinen.

Voscherau hat das Ventil geöffnet. Die Unzufriedenen in der SPD, die sich bislang weggeduckt haben vor dem übermächtigen Alleinherrscher Scholz, werden jetzt mit dem Aufmucken beginnen. Gerade mal 100 Tage, und die Schonzeit ist vorüber.