HARALD KELLER DER WOCHENENDKRIMI
: Gemetzel mit Metaebene

Chinas Filmemacher genießen Wertschätzung in aller Welt, deutsche Kinobesucher jedoch bekommen ihre künstlerischen Ideen nur aus zweiter Hand serviert, als Remake oder als Pastiche à la Tarantino und Luc Besson. Die Originale gibt es nur auf DVD oder gelegentlich zu später Sendezeit im Fernsehen.

Zu den auch im Westen bekannten Regisseuren zählt der Hongkong-Chinese Johnnie To. Die gemeinsam mit Wai Ka Fai inszenierte Gangsterballade „Fulltime Killer“ (2001) ist der spannendste Krimi des Wochenendes, weil völlig unvorhersehbar – man muss immer mit einem toten Protagonisten rechnen. Die Handlung schlägt Haken, und im letzten Akt wechselt überraschend die Perspektive.

Der Hauptstrang gilt zwei Lohnkillern. O (Takashi Sorimachi) ist Japaner und der Typus des wortkargen Samurai, der seine Arbeit verlässlich und ohne Aufhebens erledigt. Konkurrent Tok (Andy Lau) will die Nummer eins der Branche verdrängen und sorgt bei jedem Mord für große Schaueffekte, um potenzielle Auftraggeber auf sich aufmerksam zu machen und O aus der Reserve zu locken. Zugleich bemüht sich der gewitzte Charmeur um Chin (Kelly Lin), in die auch O verliebt ist. Doch der scheue Einzelgänger wagt nicht, ihr seine Gefühle zu gestehen.

Chins Job als Videothekarin und Toks Vorliebe für Actionfilme verhelfen dem Film zur Metaebene. Tok tadelt andere Banditen, wenn sie nicht den Regeln des Gangsterfilms gehorchen. In Chin findet er eine Gleichgesinnte. Als er ihr die Handhabung eines Gewehrs zeigen will, wehrt sie ab: „Ist ja gut, ich habe auch ‚Leon der Profi‘ gesehen.“

Tok nimmt sich westliche Gangsterfilme zum Vorbild, die Regisseure hingegen schaffen ihren eigenen Stil aus zelebrierter Action, Verbrecherdrama, Täterpsychologie und Einsprengseln leiser Komik. Eine aufregende Fotografie versteht sich fast von selbst; das Lob dafür gebührt Cheng Siu Keung.

„Fulltime Killer“, Sonntag., 3.20 Uhr, Tele 5