„Vielfalt der Normalität“

STADTTEILARBEIT Schauspielhaus-Projekt mit Schülern der Veddel über Gewohnheiten und Toleranz

■ 43, Dramaturg, ist mit verantwortlich für das Projekt „Normallik Okulu – School of Normal“. Foto: Ch. Bartsch

taz: Herr Jelden, was ist die „School of Normal“, die wir heute Abend auf der Veddel besuchen können?

Malte Jelden: Das ist ein Projekt des Schauspielhauses und einer Gruppe junger Erwachsener –„Inner Rise“ –, die seit Jahren auf der Veddel biografische Theaterprojekte erarbeiten. Vor drei Jahren wollten sie gern „normales“ Theater machen. Das war der Beginn unseres Projekts, denn sofort entstand die Frage: Was ist normal? Und in der 5.000-Personen-Community auf der Veddel mit über 70 Sprachen ist diese Frage besonders interessant.

Und Schüler suchen die Antwort auf dem Theater.

So ungefähr. „Inner Rise“ hat zusammen mit 15 bis 20 Kindern und Jugendlichen zwischen acht und 16 Jahren, die sich auf unserem Auftaktfest im Mai gefunden haben, einen fast zweistündigen Theaterabend erarbeitet.

Worin besteht er?

Er findet in der Stadtteilschule statt, wo die Zuschauer in Klassen eingeteilt werden – zum Normalitäts-Check. Da fühlt man sich wie auf der Behörde, bei der Führerscheinprüfung oder in einem Schönheitssalon.

Was passiert dort?

Es werden Fragen gestellt, die mit Normalität zu tun haben und von Gewohnheiten bis zur Religion reichen können. Auch äußerlich kommt man verändert da heraus. Danach sehen alle zusammen drei Videos, die die Künstlerin Helena Wittmann mit den Jugendlichen gedreht hat.

Eins davon steht als Appetizer auf der Homepage des Projekts.

Ja, und es kreist um die Frage: Hast du manchmal das Gefühl, du bist nicht normal? Du bist allein damit, wie du bist? Die Filme enden aber in einer Party all dieser einsamen Kinder – und die findet dann auch real statt.

Im Video auf der Homepage geht es meist um Diskriminierung durch die deutsche Mehrheitsgesellschaft. Nur einer blickt skeptisch auf die eigene Ethnie und sagt: „Du liebst deine Freundin, musst aber deine Kusine heiraten – normal?“ Verharren also die meisten in der Opferhaltung?

Es geht nicht darum, einzelne Haltungen gegeneinander zu stellen, sondern um die maximale Vielfalt der „Normalität“.

Der das Projekt letztlich nicht auf die Spur gekommen ist.

Natürlich nicht, aber spannend war der Prozess: herauszufiltern, dass Dinge, die für mich normal sind, es für viele andere nicht sind – und umgekehrt. Letztlich geht es um Toleranz.  INTERVIEW: PS

Normallik Okulu – School of Normal: 18 Uhr, Stadtteilschule, Slomanstieg 1. Weitere Vorstellung: 24. 10., 18 Uhr