Papandreou verteidigt griechische Finanzen

REGIERUNG Evangelos Venizelos bekommt den Schlüsselposten im neuen Kabinett: Der neue Finanzminister gilt als durchsetzungsfähig

■  Deutschland hat seine harten Bedingungen für die Griechenland-Hilfe aufgegeben und sich mit Frankreich auf eine weichere Form der Einbeziehung des Privatsektors geeinigt. Das teilten Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag nach einem Treffen in Berlin mit. Es handele sich um einen „großen Durchbruch“, so Sarkozy, der auf vier Prinzipien beruhe: Freiwilligkeit, Schnelligkeit, kein Zahlungsausfall und Einverständnis mit der Europäischen Zentralbank (EZB). Am Sonntag werden die Euro-Finanzminister über ihr weiteres Vorgehen beraten. Griechenland hatte 2010 internationale Notkredite über 110 Milliarden Euro gewährt bekommen. Inzwischen ist jedoch klar, dass weitere Hilfen notwendig sind. Umstritten war bislang, in welcher Form private Gläubiger wie Banken daran beteiligt werden. Aus Angst vor einem Scheitern der Währungsunion schalten 47 deutsche und französische Topmanager eine Anzeige, die am Dienstag in deutschen und französischen Tageszeitungen erscheinen soll: „Ein Scheitern des Euro wäre ein fataler Rückschritt für Europa“, heißt es darin. (dpa, dapd)

VON JANNIS PAPADIMITRIOU

Es kam, wie es kommen musste: Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hält dem Druck der Straße nicht mehr stand und wechselt ins Umweltressort, seinen Posten übernimmt ab sofort der frühere Verteidigungsminister Evangelos Venizelos. Offensichtlich hat der als Kandidat ebenfalls hoch gehandelte Ökonom und ehemalige EZB-Vize Loukas Papademos dem Ministerpräsidenten eine Absage erteilt, trotz wiederholter Anfragen bis in die frühen Morgenstunden.

Zahlreiche andere Vertraute des Premiers müssen ebenfalls ihren Hut nehmen. Außenminister Droutsas wird entlassen, Umweltministerin Birbili wirft das Handtuch, der unglücklich agierende Regierungssprecher Giorgos Petalotis versucht einen Neuanfang als Vizejustizminister, und auch die fröhliche Vizeinnenministerin Theodora Tzakri, die eher durch ihre modischen Eskapaden aufgefallen ist, wird nicht mehr gebraucht.

Wichtigster Neuzugang: Stavros Lambrinidis, Vizepräsident der Europäischen Parlaments, wird Griechenlands Chefdiplomat. Insgesamt hatte Ministerpräsident Giorgos Papandreou bei seiner Regierungsumbildung einige Überraschungen parat. Ausgerechnet der Mathematiker Pantelis Ekonomou, einer der schärfsten Kritiker seiner Wirtschaftspolitik, wird ab sofort stellvertretender Finanzminister, während Paris Koukoulopoulos, ebenfalls ein ständiger Bedenkenträger, ins Innenministerium befördert wird. Als würde Papandreou den beiden sagen wollen: „Mal schauen, ob ihr es besser machen könnt“.

Überhaupt scheint der griechische Ministerpräsident ein großes Herz zu haben für seine Parteigegner – ob aus Überzeugung oder wegen Personalmangels, darüber lässt sich freilich streiten.

Auch der neue Finanzminister Evangelos Venizelos gilt als politisch unbequemer Zeitgenosse. Als 2004 der sozialistische Ministerpräsident Kostas Simitis vorzeitig abtreten wollte, erklärte der renommierte Verfassungsrechtler Venizelos unverblümt, er stehe ab sofort als Nachfolger bereit, ohne auf die Empfindlichkeiten der Parteibasis Rücksicht zu nehmen. Dadurch wurde er als extrem machtgierig gebrandmarkt, verpasste seine Chance auf den Parteivorsitz und musste dem sanft agierenden Papandreou den Vortritt lassen. Nach seinem Wahlsieg 2009 versuchte Papandreou den unangenehmen Parteigegner einigermaßen auf Abstand zu halten, ohne allerdings ganz auf sein strategisches Denken verzichten zu wollen. Venizelos wurde „nur“ Verteidigungsminister und wartete weiterhin auf bessere Zeiten.

Seine Berufung zum Finanzminister könnte die Chance seines Lebens sein oder aber ihm zum Verhängnis werden. Fest steht allerdings, dass mit Venizelos den europäischen Partnern ein begabter Jurist und Virtuose der Machtpolitik gegenübersteht, der auch mal gern auf den Tisch haut – ganz anders als sein Vorgänger Papakonstantinou.

Aus ähnlichem Holz geschnitzt ist der neue Außenminister Stavros Lambrinidis, der allerdings zu den treuesten Weggefährten des Ministerpräsidenten gehört. Der an der Yale-Universität ausgebildete Jurist wurde vom Papandreou zum Botschafter ernannt, kümmerte sich um die Öffentlichkeitsarbeit der griechischen Sozialisten im Ausland und macht heute eine gute Figur als Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Er soll auch einen besonders guten Draht zum Vorsitzenden der Europäischen Sozialisten Martin Schulz haben.