Optimismus für Lateinamerika

LEBEN Der Anteil der Schattenwirtschaft sinkt laut einer Untersuchung in der Region leicht. In Costa Rica arbeiten noch 30 Prozent der Erwerbsfähigen im informellen Sektor, in Guatemala noch fast 75 Prozent

BUENOS AIRES taz | Arbeiten, ohne Sozialleistungen zu bekommen, ist für viele Menschen in Lateinamerika und in der Karibik nach wie vor alltäglich. Dennoch zeichnet sich in der Region ein leichter Abbau dieser ungesicherten Arbeitsverhältnisse ab. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Danach waren 2012 in Lateinamerika und der Karibik 47,7 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung im informellen Sektor tätig. Eine leichte Besserung: Bei der letzten Erhebung 2009 waren es noch 49,2 Prozent. In absoluten Zahlen sind immer noch 130 Millionen Menschen in der Region betroffen. Am besten schneidet dabei Costa Rica mit einem Anteil von 30,7 Prozent der Erwerbsfähigen im informellen Sektor ab, Schlusslicht ist Guatemala mit 73,6 Prozent.

Informell heißt völlig unreguliert: Produktion, Arbeit, Handel, Umsatz, Gewinne, Löhne. Dumpinglöhne sind die Regel und nicht die Ausnahme, Sozialversicherungen sind unbekannt. Der große Teil der Tätigkeiten läuft im Verborgenen ab: in illegalen Fabriken oder geheimen Nähwerkstätten oder auf Baustellen. Die Schattenwirtschaft ist in einigen Ländern der Region der wichtigste Motor der Entwicklung.

„Der Wachstumsprozess im letzten Jahrzehnt hat dazu beigetragen, dass mehr Menschen in formelle Arbeitsverhältnisse kommen konnten“, sagt ILO-Spezialist Juan Chacaltana. Für die Zukunft ist er optimistisch. „Wir schätzen, dass der informelle Sektor im kommenden Jahrzehnt jährlich um 2 Prozent im Vergleich zur letzten Dekade sinken könnte.“

Als große Hilfe wertet die ILO eine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben. Gerade die Länder, die die Art der Beitragszahlungen für Selbständige vereinfachten, hätten für viele den Zugang zu Sozialleistungen bei Renten- und Krankenversicherung erleichtert. Als Positivbeispiele dafür werden Brasilien, Uruguay und Argentinien genannt.

In Argentinien können geringverdienende Selbständige sich als sogenannte „Monotributistas“ registrieren und durch einen niedrigen monatlichen Pauschalbetrag Einkommensteuer sowie Sozialversicherungsbeiträge einzahlen, ähnlich den deutschen „Minijobbern“.

In Argentinien lag der informelle Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung dennoch bei 46,8 Prozent, sogar 61,6 Prozent der Jugendlichen von 15 bis 24 Jahren waren betroffen. JÜRGEN VOGT