Ahern will in Blairs Fußstapfen treten

Bei den heutigen Parlamentswahlen in Irland hofft der Regierungschef auf genügend Stimmen für eine dritte Amtszeit

DUBLIN taz ■ Sein Freund und Amtskollege Tony Blair hat es vor zwei Jahren vorgemacht, heute will es der irische Premierminister Bertie Ahern nachmachen: Er hofft, bei den heutigen Parlamentswahlen genügend Stimmen für eine dritte Amtszeit zu bekommen. Aber seine Koalitionsregierung aus Fianna Fáil („Soldaten des Schicksals“) und den Progressiven Demokraten (PD) ist unter Druck geraten.

Sicher, sie kann zehn Jahre Wirtschaftswachstum, eine niedrige Arbeitslosigkeit und einen beispiellosen Haushaltsüberschuss vorweisen. Seit 1994 sind Irlands Wachstumsraten höher als die jeder anderen westlichen Industrienation. Doch der Verdruss über Politiker ist nach regelmäßigen Enthüllungen über Korruption und Vetternwirtschaft groß.

Ausbaden muss das merkwürdigerweise nicht Fianna Fáil; Nach letzten Umfragen liegt die Partei wieder mit 41 Prozent vorne. Doch der Koalitionspartner ist auf zwei Prozent abgesackt, und das würde nicht für eine Mehrheit ausreichen. Die größte Oppositionspartei, Fine Gael („Stamm der Gälen“), bietet eine Koalitionsregierung mit der Labour Party an, doch auch diese beiden Parteien werden nicht die erforderliche Mehrheit erhalten.

Für Außenstehende sind die irischen Parteiprogramme kaum zu unterscheiden. Fast alle Parteien gehen auf die Irisch-Republikanische Armee (IRA) aus den Zeiten des Unabhängigkeitskampfes gegen Großbritannien und ihren politischen Flügel Sinn Féin ( „Wir selbst“) zurück. Nur mit der historischen Mutter aller Parteien, Sinn Féin, will niemand koalieren. Das liegt nicht an der blutigen Vergangenheit, sondern daran, dass die Partei „linksradikal und sozialistisch“ sei, wie ein Minister behauptete.

In Nordirland sitzt die angeblich linksradikale Partei seit zwei Wochen in einer Regierung mit dem Rechtsaußen Ian Paisley und seiner Democratic Unionist Party. Dass es so weit gekommen ist, schreibt sich Ahern zum Teil zugute, doch im Wahlkampf spricht er nicht davon.

Das Zünglein an der Waage könnten die Grünen werden. Ihr Chef Trevor Sargent protestierte lautstark, als man seine Partei als links bezeichnete. „In Finnland regieren wir mit den Rechten“, argumentierte er. Er kann sich ein Bündnis mit Fine Gael und Labour vorstellen.

Weil alle Abgeordnete in einem Wahlkreis gewählt werden und nicht über Parteilisten, ist irische Politik Lokalpolitik. Selbst Ahern muss sich um die Belange der Menschen in seinem Wahlkreis kümmern und sich zum Beispiel für eine Fußgängerampel oder eine bessere Straßenbeleuchtung einsetzen. Ahern ist der erste Premier, der aus dem ärmeren Nordteil Dublins stammt. Das setzt er im Wahlkampf ein. Vorigen Samstag unterbrach er den kurz, um bei einem Buchmacher 500 Euro auf seinen Lieblingsverein Manchester United im englischen Pokalfinale zu setzen. Zwei Stunden später war das Geld futsch, Chelsea hatte gewonnen. Aber Ahern hatte gezeigt, dass er ein Mann des Volkes ist.

Fine-Gael-Chef Enda Kenny, der aus Irlands Westen stammt, ist im Gegensatz zu Ahern eher farblos. Sein wichtigstes Argument ist der katastrophale Zustand des irischen Gesundheitssystems. Trotz milliardenschwerer Investitionen werden die Wartezeiten in den Krankenhäusern immer länger. „Ich denke, im Allgemeinen haben wir ein prächtiges Gesundheitssystem“, behauptet Ahern dennoch. „Sicher, es gibt in bestimmten Bereichen Probleme, aber wenn man ein Haus mit zehn Zimmern besitzt und eins davon ist in schlechtem Zustand, reißt man ja auch nicht das ganze Haus ab.“ RALF SOTSCHECK