Zehn Jahre Haft für den Ex-Inhaber von Heros

Gericht erklärt den Firmengründer der Geldtransportfirma und drei Manager des Millionenbetrugs für schuldig

HILDESHEIM taz ■ Genau eineinviertel Jahr nach dem Zusammenbruch des größten deutschen Geldtransportunternehmens Heros hat das Landgericht Hildesheim gestern die Hauptverantwortlichen der 400-Millionen-Pleite zu hohen Haftstrafen verurteilt. Wegen schwerer Untreue und Bankrott verhängte die Hildesheimer Wirtschaftsstrafkammer zehn Jahre Haft gegen den Gründer und Ex-Inhaber von Heros, Karl-Heinz Weis. Drei weitere Heros-Manager, ein Prokurist und zwei Niederlassungsleiter müssen nach dem Urteil zwischen sechseinhalb und acht Jahre ins Gefängnis.

Wie der Kammervorsitzende Ulrich Schmidt in der Urteilsbegründung sagte, verursachte die Heros-Pleite im Januar 2006 einen Gesamtschaden von 469 Millionen Euro bei Kunden des Geldtransportunternemens – vor allem Banken und Supermarktketten.

Verurteilt wurden die vier Angeklagten gestern für die Veruntreuung von Kundengeldern in Höhe 240 Millionen Euro, mit denen Heros dann eigene Verluste abdeckte. Teilweise sollen die Angeklagten sie auch privat durchgebracht haben. Vor 2001 begangene Untreue ist verjährt.

Im Mittelpunkt des Prozesse und auch des Urteils stand das Schneeballsystem, mit dem die Heros-Spitze eigene Verluste über unfreiwillige Kredite ihrer Kunden abdeckte und letztlich seit 2001 mindestens 179 Millionen Euro veruntreute. Schmidt sagte, vorübergehende Zugriffe auf Kundengelder habe es schon in den 80er-Jahren gegeben. Ab Mitte der 90er-Jahre habe das Heros-Management dann das bei Kunden eingesammelte Bargeld systematisch erst auf Heros-Konten geparkt, bevor es einen Tag verspätet den Eigentümern zugeleitet wurde. Mit diesem Dauerkredit der Kunden deckte das durch niedrige Kampfpreise stets wachsende Unternehmen seine ebenfalls laufend wachsenden Verluste ab.

Das Gericht sprach alle vier Heros-Manager der Beteiligung an dem System schuldig. Einem Prokuristen, der zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, hielt es zugute, erst wenige Monate vor der Pleite von dem ganzen Umfang des Systems erfahren zu haben.

Die beiden zu acht und siebeneinhalb Jahren Haft verurteilen Niederlassungsleiter haben nach dem Schuldspruch zudem bei Heros 13 Millionen Euro in bar für private Zwecke beiseitegeschafft. Eine private Bereicherung von Heros-Inhaber Weis stand vor Gericht noch nicht zur Debatte. In dieser Sache dauern die Ermittlungen noch an. Weis droht somit ein zweiter Prozess.

Allen vier Angeklagten rechnete die Wirtschaftsstrafkammer auch die so genannte Robin-Hood-Aktion wenige Tage vor der Heros-Pleite zu. Dabei ließ die Heros-Spitze 48 Millionen Euro Bargeld nicht wie vorgesehen in Automaten von Banken füllen, sondern auf eigene Konten einzahlen. Damit beglich sie zum Schaden der Banken einen Großteil ihrer Schulden bei kleineren Firmen.

Das Urteil liegt nahe an den Anträgen der Anklage. Die Verteidiger von dreien der Angeklagten kündigten dagegen postwendend Revision an. JÜRGEN VOGES